Gründungszeit der Republik bis zur Peruanisch-Bolivianischen-Konföderation
Das Ende des Vizekönigreiches Peru begann mit der Landung des argentinischen Patrioten José de San Martin in Pisco im September 1820. Nach dem Sieg gegen die Spanier besetzte er Lima und ließ einen verfassungsgebenden Kongress wählen. Am 28.07.1821 wurde schließlich die peruanische Unabhängigkeit ausgerufen. San Martín begleitete als „Protektor von Peru“ als erster das höchste Amt im Staat, allerdings nur vom 03.08.1821 bis zum 20.09.1822. Differenzen zwischen dem Libertador (Befreier) und dem neuen Parlament führten zu einer Rückkehr San Martíns nach Argentinien. Es folgte eine Phase politischer Instabilität. Erster verfassungsmäßiger Präsident wurde für den kurzen Zeitraum vom 22.09.1822 bis zum 27.02.1823 José de la Mar.
Mit dem Vordringen königlicher Truppen nach Lima übernahm eine Regierungsjunta die Ämter und setzte José de la Riva Agüero als neuen Präsidenten ein. Nach strengen Regeln der Herkunft wäre das der erste peruanische Präsident. Je nachdem, welche Schlachten mit den Spaniern tobten und welcher Befreier durch Lima zog, wurden nun Antonio José de Sucre, José Bernardo de Tagle und schließlich Simón Bolívar Staatsoberhäupter Perus. 1824, in der Schlacht von Junín im August und in der Schlacht von Ayacucho im Dezember, vertrieben Bolívars Streitkräfte die Spanier endgültig und sicherten die Unabhängigkeit. Diktator Bolívar setzte einen Regierungsrat ein und verließ am 04.09.1826 Peru. Es sollte keine Wiederkehr geben.
José de la Mar, Hipólito Unánue, Andrés de Santa Cruz und Manuel Salazar y Baquíjano führten als Präsidenten des Regierungsrates abwechselnd bis 1829 die Geschäfte. Ein Staatsstreich brachte am 06.06.1829 Antonio Gutiérrez de la Fuente an die Macht. Am 01.09.1829 wählte der Kongress schließlich Agustín Gamarra Messia zum Präsidenten der Republik, seit 1823 wieder der erste mit dieser offiziellen Bezeichnung. Zahlreiche Rebellionen und Aufstände führten Gamarra in verschiedene Teile des Landes, währenddessen er die Präsidentschaft Antonio Gutiérrez de la Fuente überließ. Nach Ablauf der Amtzeit Gamarras wurde am 21.12.1833 Luis José Orbegoso als provisorischer Nachfolger gewählt. In seiner Amtszeit gab es den Staatsstreich von Pedro Bermúdez Ascarza („Jefe Supremo Provisorio“ vom 04.01.1834 bis zum 28.01.1834). Außerdem wurde zweimal Manuel Salazar y Baquíjano von Obregoso zum Staatsoberhaupt („Supremo“) delegiert (vom 20.03.1834 bis 03.05.1834 und vom 10.11.1834 bis 22.02.1835).
Mitten im Bürgerkrieg erklärte sich am 22.02.1835 Felipe Santiago Salaverry zum Jefe Supremo de la República. Orbegoso gelang es unter Beihilfe bolivianischer Truppen, die Ordnung wieder herzustellen. Er und Boliviens Präsident Santa Cruz vereinbarten daraufhin einen Bundesstaat. Orbegoso blieb das Staatsoberhaupt Nord-Perus (heutiges Peru ohne Puno, Cusco, Ayacucho und Arequipa), während Santa Cruz Jefe de Estado de la Confederación Perú-Boliviana wurde. Am 09.05.1837 galt diese als offiziell.
Restauration, Anarchie und 40 Jahre Militärregierungen
Agustín Gamarra Messia widersetzte sich dem Bundesstaat und startete mit chilenischer Hilfe eine Kampagne zur Restauration. Am 20.01.1839 besiegte er in der Schlacht bei Yungay Santa Cruz und Riva Agüeros. Die Peruanisch-Bolivianische-Konföderation wurde nach nur drei Jahren Bestand aufgelöst. Mit der Wiedererlangung der Unabhängigkeit ernannte der Kongress Gamarra als Provisorischen Präsidenten. Er starb am 18.11.1841. Schon am 14.07.1841 hatte Manuel Menéndez die Regierungsgeschäfte übernommen. Ein Putsch beendete jedoch seine Zeit als Präsident des Staatsrates. Es folgte eine Phase der Anarchie, in der sich sieben Militärs als Junta-Chefs bis 1844 abwechselten.
Stabile politische Verhältnisse stellten sich erst 1845 ein, als Ramón Castilla die Präsidentschaft übernahm. Er beendete in seiner ersten Amtszeit (1845-1851) den Bürgerkrieg und organisierte das Land neu. Während der Amtszeit seines Nachfolgers José Jufino Echenique (20.04.1851–05.01.1855) kam es dann aber bald wieder zu Aufständen im Land. Als am 03.12.1854 die Abschaffung der Sklaverei proklamiert wurde, trafen Echenique und Castilla in der Schlacht von La Palma direkt aufeinander. Castilla bezwang am 05.01.1855 Echenique, was die in Lima alarmierten Großgrundbesitzer dazu brachte, eine von Antonio Salinas y Castañeda angeführte Junta einzusetzen. Nach seiner Rückkehr nach Lima wurde Castilla dennoch als Übergangspräsident ernannt. Er verabschiedete am 19.10.1856 eine neue Verfassung, was einen Bürgerkrieg hervorrief. Mit dem Ende der Auseinandersetzungen wählte der Kongress am 25.10.1858 Castilla für eine weitere Amtszeit. 1860 änderte er erneut die Verfassung, diesmal unter Einbringung vieler liberaler Ideen.
Sein Nachfolger, Miguel de San Román, verstarb nach einem halben Jahr im Amt, so dass Castilla zum vierten Mal die Präsidentschaft – allerdings durch Selbsternennung – übernahm. Pedro Diez Canseco und Juan Antonio Pezet lösten ihn als legale Nachfolger ab. Am 28.11.1865 putschte sich schließlich Mariano Ignacio Prado Ochoa an die Macht. Wichtigstes Ereignis war in dieser Zeit die groß angelegte Ausbeutung der reichen Guanovorkommen auf den Küsteninseln und der Salpeterlager in der Atacama. Die Besetzung der an Guano reichen Chincha-Inseln durch die Spanier im Jahr 1864 veranlasste Peru zur Kriegserklärung an Spanien. Ecuador, Bolivien und Chile unterstützten Peru, und die spanischen Streitkräfte wurden in der Schlacht vom 2. Mai (Schlacht von Callao) 1866 geschlagen.
Ein neuerlicher Aufstand des aus dem Asyl in Chile zurückgekehrten José Balta y Montero in Arequipa brachte den Kongress dazu, für den 08.01.1868 Neuwahlen auszuschreiben, bei denen sich Balta klar durchsetzte, aber erst am 08.08.1868 sein Amt antreten konnte. Er öffnete das Land für Auslandsinvestitionen und wurde bekannt durch den Vertrag Dreyfus. Peru, damals am Rande der Zahlungsunfähigkeit, verpflichtete sich in diesem Vertrag vom 17.08.1869, Guano nur noch an die jüdisch-französische Firma „Dreyfus“ zu verkaufen. Praktisch kam dies einer Enteignung der peruanischen Kapitalisten im Guano-Geschäft gleich. Die peruanische Regierung erhielt drei Millionen Soles als Vorauszahlungen und monatlich 700.000 Soles bis 1871. Dreyfus bekam im Gegenzug das Monopol auf die Guano-Vermarktung in Europa. Neben der Rückzahlung der Auslandsschulden verwendete Peru das Geld für die Konstruktion zahlreicher Eisenbahnlinien, so dass sich das Netz von 90 km (1861) auf 947 km (1874) erweiterte.
Das Ende für Balta kam überraschend. Die Wahlen von 1868 waren bereits abgehalten, und Manuel Pardo y Lavalle stand als Sieger fest, als am 22.07.1868 Tomás Gutiérrez putschte. Balta sollte weiter als Chef einer Militärjunta regieren. Als dieser ablehnte, wurde er verhaftet. Nach der Ermordung des Bruders des Putschisten am 26.07.1872, ordnete Gutiérrez die Hinrichtung Baltas an. Kaum gelangte jedoch die Nachricht des Todes des rechtmäßigen Präsidenten an die Öffentlichkeit, als die aufgebrachte Volksmenge Gutiérrez aus dem Palast zog, lynchte und schließlich am Turm der Kathedrale zur Schau aufhängte. Damit begann für Peru für einige Jahre eine demokratische Regierungszeit.
Normalisierung, Pazifikkrieg und Rekonstruktion
Am 02.08.1872 trat Manuel Pardo y Lavalle nach der blutigen Tragödie sein Amt an. Er war der erste zivile Präsident Perus. Mit großen Plänen zur Demokratisierung gestartet, sah er sich bald finanziellen Schwierigkeiten gegenüber. Er beendete seine Präsidialzeit, wurde aber am 16.11.1878 Opfer eines Attentates.
Mariano Ignacio Prado übernahm am 02.08.1876 die Präsidentschaft. Die Probleme im Staatshaushalt bestanden fort. Aber als schwerwiegender erwies sich für ihn ein Vertrag aus dem Jahr 1873, in dem Peru ein Verteidigungsbündnis mit Bolivien geschlossen hatte. Denn als Chile am 11.02.1879 entschied, gegen Bolivien wegen des Konfliktes um die Salpeterlagerstätten in den Krieg zu ziehen, mußte zwangsläufig die Kriegserklärung an beide Staaten (am 05.04.1879) erfolgen. Zahlreiche Niederlagen der vereinigten Streitkräfte veranlaßten Prado am 19.12.1879 – gerüchteweise mit dem Schmuck der Limaer Highsociety im Gepäck –, nach Frankreich zu reisen, um Waffen einzukaufen. In den Kriegswirren ist bis heute unklar, was mit den Wertsachen geschah. Sie blieben verschwunden. Er galt daher lange als Verräter an der Heimat und verlor seinen Offiziersgrad. Neuere Studien verweisen aber darauf, dass der Schmuck offenbar von Nicolás F. de Piérola Villena verwaltet wurde, der am 23.12.1879 den Vizepräsidenten Luis La Puerta weggeputscht hatte.
Piérolas erster politischer Akt war 1869 die Unterzeichnung des Contrato Dreyfus gewesen, damals als Minister der Haciendas unter der Regierung von José Balta. Schon zwischen 1874 und 1877 hatte er mehrfach versucht, Manuel Pardo und Mariano Ignacio Prado zu stürzen. Die Abwesenheit von Prado gab ihm schließlich die Gelegenheit, an die Macht zu kommen. Nach dem Eintreffen der chilenischen Truppen in Lima, zog er sich nach Ayacucho zurück, um von dort den Kampf fortzusetzen.
Die Noblen Limas wählten daher am 12.03.1881 Francisco García Calderón als Provisorischen Präsidenten. Die Chilenen erkannten ihn zunächst als Regierungschef an. Doch als er die Bedingungen zur Beendigung des Krieges – nämlich Gebietskonzessionen an den südlichen Nachbarn – mit Hinweis auf die Unterstützung durch die USA in dieser Frage ablehnte, wurde er verhaftet und deportiert. Lizardo Montero Flores übernahm am 28.09.1881 das Amt des Regierungsoberhauptes.
In den folgenden Monaten des Chaos’ gab es praktisch keine Zentralgewalt mehr. Die Chilenen hielten Lima weiter besetzt. Piérolas trat offiziell am 28.11.1881 zurück. Montero besaß keinerlei Einfluss. Im Norden baute sich peu à peu Miguel Iglesias eine Machtbasis auf. Und in der Sierra herrschten die Truppen von Andrés Cáceres. Diese Situation führte dazu, dass sich am 01.03.1883 Iglesias in Cajamarca (Norden) selbst zum Präsidenten des weiterhin von Chile besetzt gehaltenen Perus inaugurierte. Er fand jedoch die Unterstützung der Chilenen in der internen Auseinandersetzung gegen Cáceres, da er sich bereit erklärte den Friedensvertrag auch mit Gebietsabtretungen auszuhandeln. Die Tinte unter dem Vertrag von Ancón, der am 20.10.1883 den Krieg beendete, war kaum getrocknet, als ein neuer Bürgerkrieg ausbrach. Da Iglesias sich weigerte, das Präsidentenamt aufzugeben und sich Cáceres am 16.07.1884 selbst als Präsident proklamierte, besaß das Land plötzlich zwei (illegale) Staatsoberhäupter.
Iglesias’ Niederlage am 03.12.1885 in der Sierra führte dann aber zu seiner Abdankung. Ein halbes Jahres fungierte Antonio Arenas Merino als Übergangspräsident, bis schließlich am 03.06.1886 Cáceres auf legale Weise das Präsidentenamt erhielt. Vier Jahre später löste ihn nach Wahlen sein bisheriger Vizepräsident Remigio Morales Bermúdez ab, der allerdings vor Ende seiner Amtzeit am 01.04.1894 verstarb. Staatsoberhaupt wurde bis zu Neuwahlen Justiniano Borgoño Castañeda. Am 10.08.1894 trat Cáceres seine dritte Präsidentschaft an. Es sollte eine kurze werden. Denn sein unbändiger Machthunger und seine Tyrannei führten 1895 zu einem neuerlichen Bürgerkrieg, bei dem er endgültig besiegt wurde. Nicolás de Piérola Villena übernahm nach den angesetzten Wahlen am 08.09.1895 zum zweiten Mal das Präsidentenamt. Es begann die Zeit der wirtschaftlichen Erholung und die Etappe der Nationalen Rekonstruktion.
Aristokratische Republik, Oncenio de Leguía und Ochenio de Odría
Eduardo López de Romaña, der ihn 1899 ablöste, setzte die Entwicklungen im Landwirtschaftssektor, im Bergbau und in der Industrie fort. Mit ihm trat Peru in die Phase der „Aristokratischen Republik“ ein. Sein Nachfolger, Manuel Cándamo Iriarte, der 1903 mit 99 Prozent der Stimmen Präsident wurde, aber am 07.05.1904 verstarb, gehörte wie López de Romaña zu den reichsten und einflußreichsten Familien der Zeit. Nachdem Serapio Calderón als Übergangspräsident Wahlen vorbereitet hatte, übernahm am 24.09.1904 José Pardo y Barreda die Präsidentschaft. Er tat sich vor allem beim Aufbau eines (Grundaus-)bildungssystems hervor.
1908 folgte ihm Augusto Bernardino Leguía y Salcedo nach, dessen Amtszeit in erster Linie von Grenzstreitigkeiten mit allen fünf Anrainerstaaten geprägt war. Nach der Lösung dieser Konflikte, richtete sich der Blick wieder nach innen. Hier entspann sich ein scharfer Wahlkampf zwischen den Konservativen und der neu gegründeten Demokratischen Partei, der der Millionär und Unternehmer Guillermo Billinghurst Angulo vorsaß. Er wurde schließlich 1912 gewählt. Obwohl der Elite zugehörig, setzte er sich stark für eine Verbesserung der Lage der Arbeiter ein. Die Verabschiedung eines Gesetzes zur Garantie des Acht-Stunden-Tages führte jedoch zu einer innenpolitischen Krise, die im Staatsstreich vom 04.02.1914 durch Oscar R. Benavides und Manuel Prado Ugarteche gipfelte.
Mit Benavides stand nun wieder ein Militär an der Spitze des Staates, dessen Ruhm auf einem Scharmützel in der undurchdringlichen Selva nahe der kolumbianischen Grenze im Jahr 1911 gründete (Campaña de Caquetá). Doch Benavides erwies sich als Demokrat. Er stellte die Ordnung wieder her und rief Wahlen aus, bei denen sich José Pardo y Barreda durchsetzte. Dessen zweite Amtszeit dauerte jedoch nur vom 18.08.1915 bis zum 04.07.1919, als ein Putsch von Augusto Bernardino Leguía y Salcedo erneut die Instabilität des Systems untermauerte.
Leguías zweite Präsidentschaft ging als Ocenio („Jahrelft“) in die Geschichte ein, weil er von 1919 bis 1930 (ermöglicht durch die von ihm initiierte Verfassungsänderung von 1920) durchweg an der Macht war. Er modernisierte Lima und schuf die Banco Central de Reservas de Peru. Aber das Ocenio stand zugleich für Diktatur und Klassenkampf. Vor allem die Anhänger der von Víctor Raúl Haya de la Torre 1924 gegründeten Alianza Popular Revolucionaria Americana (APRA) litten unter Verfolgung und Folter. Nach dem Staatsstreich vom 25.08.1930 durch Luis Miguel Sánchez Cerro verbrachte Leguía seine letzten Jahre im Panopticum von Lima, wo er am 06.02.1932 starb.
Sánchez Cerro, der die Präsidentschaft zunächst de facto und nach 17 chaotischen Monaten mit fünf verschiedenen Staatsoberhäuptern ab dem 08.12.1931 als gewählter Präsident auch de jure innehatte, war der erste Mestize auf diesem Posten. Seine Amtszeit zeichnete sich besonders durch eine harte Unterdrückung des Aprismus aus. Am 30.04.1933 fiel er schließlich einem Mordanschlag eines APRA-Mitgliedes zum Opfer.
Den vakanten Posten nahm als Übergangspräsident Benavides ein. Er verfügte die neue Verfassung von 1933 (gültig bis 1979) und legte den Konflikt mit Kolumbien bei. Als am 15.05.1936 der Direktor der Tageszeitung El Comercio von einem Apristen ermordet wurde, erließ er ein Dekret zum Verbot der APRA. Das sollte gravierende Auswirkungen auf die nächsten Wahlen haben. Denn beim Sieg von Luis A. Eguirguren in den Wahlen von 1936 war es die APRA, die diesen Triumph erst ermöglichte. Benavides annulierte deshalb kurzerhand die Wahlen und blieb bis zum 08.12.1939 Präsident.
Als neues gewähltes Staatsoberhaupt fungierte dann bis zum 28.07.1945 Manuel Prado Ugarteche. In seine Regierungszeit fällt der Krieg mit Ecuador im Jahr 1941/42, in dessen Ergebnis Peru im Protokoll von Río de Janeiro im Jahr 1942 die Souveränität über etwa 200.000 Quadratkilometer vormals von Ecuador beanspruchter Selva zugesprochen bekam. Innenpolitisch war die Wiederzulassung der APRA das wichtigste Ereignis. Der Wahlsieg seines Nachfolgers José Luis Pablo Bustamante y Rivero dürfte unter anderem darauf zurückzuführen sein. Denn mit Unterstützung der APRA wurde er am 28.07.1945 zum Präsidenten gewählt. Seine ausgesprochene Gesetzestreue führte jedoch ab 1947 zum Bruch mit der APRA und zugleich zu internen Konflikten mit den Militärs. Am 29.10.1948 stürzte ihn der General Manuel A. Odría.
Es begann das Ochenio („Jahracht“) de Odría. Nach knapp einem Jahr rief der von Odría als neues Staatsoberhaupt eingesetzte Zenón Noriega Agüero Wahlen aus, bei denen Odría der einzige Kandidat war, weil sämtliche APRA-Führer entweder verhaftet oder im Asyl waren. Manche bezeichnen daher die Zeit bis 1956 als Diktatur, andere als konservativen Populismus à la Perón in Argentinien. Er mobilisierte (unter anderem mit Hilfe seiner Frau) die marginalisierten Massen Limas, erlaubte 1955 das Frauenwahlrecht, während die Wirtschaft florierte. Als die Menschen schon fürchteten, er würde sein Regime auf ewig ausdehnen, verordnete er Neuwahlen, an denen er nicht teilnahm.
Zivilregierungen, Revolutionäre Streitkräfte, Sendero Luminoso und Hyperinflation
Am 28.07.1956 wurde Manuel Prado y Ugarteche zum zweiten Mal als Präsident gewählt. Seine Regierungszeit lief – von einigen Protesten gegen den Abbau von Subventionen für Öl und Lebensmittel abgesehen – ruhig. Aber am Ende seiner Regierungszeit kam es erneut zu einem Putsch, weil sich Prado den Forderungen der Militärs verweigerte, das Wahlergebnis, das als seinen Nachfolger Víctor Raúl de la Torre von der APRA bestimmte, zu annullieren. Prado mußte nach Paris emigrieren, wo er fünf Jahre später starb.
Die nun regierende Junta um Ricardo Pérez Godoy unterdrückte brutal die Linke, Gewerkschaften und auch die aufbegehrenden Landwirte. Am 05.01.1963 wurden 1500 politische Führer in Gefängnisse gebracht. Als Pérez andeutete, nicht nur bis zu den anberaumten Neuwahlen im Juli Staatsoberhaupt bleiben zu wollen, wurde er im März 1963 von Nicolás Lindley Lopez gestürzt. Lindley ließ Wahlen durchführen und übergab am 28.07.1963 die Präsidentschaft an die Zivilregierung unter Fernando Belaúnde Terry.
Belaúnde vollführte eine moderate Politik, schlug aber mit Hilfe der Militärs alle Aufstände der Landbevölkerung, die die Enteignung von Großgrundbesitzungen forderten, konsequent nieder. Obwohl er – als Architekt – eine Reihe von Infrastrukturverbesserungen sowie Investitionen im Bildungs- und Gesundheitssystem ausführen ließ, tat er wenig, um die zunehmenden sozialen Spannungen im Land unter Kontrolle zu bringen.
Am 03.10.1968 kam es deshalb erneut zu einem Staatsstreich. Die neue Junta unter Juan Velasco Alvarado, der den Aufstieg vom einfachen Soldaten zum General geschafft hatte, wandte sich nun speziell den sozialenThemen, die die nationale Stabilität gefährdeten, zu. Seine Revolutionäre Regierung der Streitkräfte verfügte als erstes eine Enteignung der US-amerikanischen Ölfirmen in Peru – und als zweites eine umfassende Agrarreform. Er vereinte damit förmlich eine Wirtschaftspolitik der Nationalisierung von Schlüsselindustrien mit der Aufbrechung der alten Struktur der Hacienda-Oligarchie. Die gesundheitlichen Probleme Velascos aus- und den Niedergang der Wirtschaft als Vorwand benutzend putschte sich am 29.08.1975 Francisco Morales Bermúdez Cerrutti an die Spitze der Militärregierung. Doch die „Zweite Phase“ des Revolutionären Prozesses brachte keine wirtschaftliche Erholung. Vor allem im landwirtschaftlichen Sektor war 1979 die Mehrzahl der neu geschaffenen Kooperativen bankrott. Trotz der desaströsen Ergebnisse auf wirtschaftlichem Gebiet, schaffte es die Revolutionäre Militärregierung, einen umfassenden Strukturwandel der Gesellschaft umzusetzen: Die traditionelle Vorherrschaft der Großgrundbesitzer-Oligarchie wurde für immer gebrochen. Vorletzter Akt der Junta war die Wahl einer Konstituierenden Versammlung, die die neue Verfassung von 1979 ausarbeitete. Bis heute gilt sie als eine der besten Verfassungen des Landes, da sie viele soziale Rechte festschrieb, die mit den neoliberalen Reformen und der Verfassung von 1993 wieder gestrichen wurden. Im Mai 1980 kam es schließlich zu Präsidentschaftswahlen, bei denen Fernando Belaúnde als Sieger hervorging.
Am 28.07.1980 begann er seine zweite Amtszeit. Obwohl er eine demokratische Restauration erreichte, blieb die Wirtschaft das große Problem, zumal die internationalen Preise für Mineralien immer weiter fielen. Außenpolitisch tat sich Belaúnde vor allem bei der Unterstützung Argentiniens im Falkland-Krieg hervor. Innenpolitisch erwuchs mit der Terrororganisation des Sendero Luminoso ein neuer Krisenherd. Tausende Landwirte starben. Die Entsendung des Militärs in die betroffenen Regionen verschärfte die Lage weiter.
In den Wahlen von 1985 ging daher die Oppositionspartei APRA als klarer Sieger hervor. Am 28.07.1985 übernahm Alan García Pérez als erster Kandidat der lange Zeit verbotenen Partei die Präsidentschaft. Um es vorweg zu nehmen: Seine Regierungszeit wurde ein Fiasko. 1986 überwarf er sich mit dem IWF, so dass er praktisch von allen internationalen Kreditlinien abgeschnitten war. Die Inflation erreichte bis 1990 die Rekordmarke von 7000 Prozent. Aus Sicht von Menschenrechtlern ist García für das Massaker im Gefängnis El Frontón vom 19.06.1986 verantwortlich, bei dem knapp 300 (politische) Gefangene ums Leben kamen. Der Terror nahm ständig zu, zumal neben dem Sendero Luminoso mit dem Movimiento Revolucionario Túpac Amaru (MRTA) eine zweite Terrorgruppe auftrat. Die Korruption wurde ein übliches Phänomen. Ein Verfahren wegen illegaler Bereicherung war 1992 sogar gegen García anhängig, wurde aber durch dessen Flucht nach Kolumbien und Paris eingestellt.
Ende des Terrorismus, Autogolpe und Demokratisierung
Am 28.07.1990 ging die Präsidentschaft auf den weitgehend unbekannten Rektor der Universidad Agraria, Alberto Fujimori, über, der sich überraschend gegen den Schriftsteller Mario Vargas Llosa durchgesetzt hatte. Im Gegensatz zu seinen Wahlversprechen begann er mit einer radikalen ökonomischen Schocktherapie, bei der zunächst mit dem Nuevo Sol eine neue Währung eingeführt und umfassend Staatseigentum privatisiert wurde. Der Kongress, der diese neoliberalen Reformen nicht mittragen wollte, intervenierte. Daraufhin löste Fujimori in einem autogolpe am 05.04.1992 kurzerhand die Legislative auf und entließ die Justiz. Peru befand sich wieder einmal auf semi-diktatorischen Abwegen.
Der autoritäre Stil der Regierung hatte sich allerdings schon im Dezember 1991 beim Massaker in den Barrios Altos sowie bei der Hinrichtung von neun Schülern und einem Professor der Universität La Cantuta am 18.07.1992 durch die Gruppe Colina, im Volksmund Todesschwadronen genannt, angedeutet. Die Verantwortung für die Taten soll bis zum Präsidenten gereicht haben. (Derzeit finden verschiedene Prozesse statt, die das belegen sollen).
Inmitten dieser neuerlichen Demokratie-Krise gelang am 12.09.1992 die Verhaftung von Abimael Guzmán, was praktisch das Ende der terroristischen Aktivitäten des Sendero Luminos bedeutete. Es war wohl dieser Erfolg, der Fujimori bei den Wahlen 1995, bei denen er durch die von ihm erlassene Verfassung von 1993 erneut antreten durfte, 64 Prozent der Stimmen gegen seinen Herausforderer Javier Pérez de Cuéllar, den Ex-Generalsekretär der UN, erringen ließ. Ein letztes Aufflammen des Terrorismus gab es zwischen Dezember 1996 bis April 1997. Bei der Befreiungsaktion von 72 Geiseln in der Japanischen Botschaft zeigte sich erneut die harte Hand Fujimoris, da keiner der 14 MRTA-Geiselnehmer überlebte.
Obwohl die Wirtschaft ab 1998 wieder Anzeichen einer Rezession aufwies, konnte sich Fujimori im Frühjahr 2000 noch einmal in – wenngleich chaotischen – Wahlen gegen seine Widersacher durchsetzen. Die Verfassungsmäßigkeit dieser eigentlich dritten Amtszeit wurde nie geklärt. Denn als am 14.09.2000 hunderte von Videos seines engsten Vertrauten, Vladimiro Montesinos, auftauchten, die die Bestechung von Politikern der Opposition zur Unterstützung des Präsidenten zeigten, musste Fujimori Neuwahlen ausschreiben. Aus Furcht, wegen Korruption belangt zu werden, nutzte er am 13.11.2000 den APEC-Gipfel in Brunei zur Flucht. Per Fax erklärte er am 19.11.2000 formal seinen Rücktritt. Nach seiner Verhaftung am 06.11.2005 in Chile laufen derzeit mehrere Prozesse gegen ihn (siehe „Historischer Gerichtsprozeß in Peru“).
Nach der Abdankung Fujimoris übernahm Valentín Demetrio Paniagua Corazao am 22.11.2000 übergangsweise das Präsidentenamt. Der Verfassungsrechtler gilt bis heute als einer der integersten Politiker Perus. Nachdem er Alejandro Toledo Manrique, der aus den Neuwahlen als Sieger hervorgegangen war, am 28.07.2001 ins Amt eingeführt hatte, widmete er sich wieder seiner Dozententätigkeit. Er starb am 16.10.2006 in Lima.
Die Präsidentschaft von Toledo zeichnete sich durch eine Rückkehr zum Rechtsstaat und durch wirtschaftliche Stabilität aus. Dennoch blieben seine Zustimmungswerte meist weit unter 50 Prozent. Toledo, mit wissenschaftlicher Ausbildung als Ökonom in den USA und Frankreich, initiierte das Abkommen zur Förderung des Handels (APC) mit den Vereinigten Staaten und warb für den Abschluss eines Freihandelsabkommens. Doch während er in der Außenpolitik neue Akzente setzte, blieben die soziale Situation und die Armut im Land untergeordnete Themen seiner Regierungspolitik.
Da Toledo auf eine erneute Kandidatur verzichtete, entspann sich früh ein harter Kampf um die nächste Präsidentschaft. Lange Zeit sah die konservative Lourdes Flores Nano als die sichere Siegerin aus. Doch die erste Wahlrunde ging mit 30,6 Prozent an den Nationalisten Humala Ollanta, der vor allem in den von Indigenen bewohnten Gebieten Perus punktete. Und auch Alán García setzte sich schließlich mit 24,3 Prozent gegenüber 23,8 Prozent knapp gegen sie durch. In der Stichwahl drehte sich das Bild. Ollanta gelang es mit seiner Bewunderung für die Politik Velascos, seinen radikalen Ideen und seiner strikten Ablehnung des Neoliberalismus (bei gleichzeitig liberalen Aspekten wie der Legalisierung der Abtreibung) nicht, die Mehrheit der peruanischen Wähler für sich zu gewinnen. Dazu mögen zudem ungeklärte Ereignisse im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen während seiner Militärzeit 1992 in der Selva und das unklare Verhältnis zum Putsch seines Bruders Antauro am 01.01.2005 in Andahuaylas beigetragen haben. García gewann mit 52,6 Prozent zu 47,4 Prozent und begann am 28.07.2006 seine zweite Amtszeit.
In Garcías Präsidentschaft war noch kein ganzer Monat vergangen, als er sein erstes Wahlversprechen, die Zurücknahme der Unterschrift unter das Freihandelsabkommen (TLC) mit den USA, brach. Stattdessen forcierte er es. In diesem Sinne setzt er die neoliberale Politik seines Vorgängers Toledo fort, versucht aber, durch soziale Projekte (z.B. dem Projekt gegen Analphabetismus mit Investitionskosten von 350 Millionen Soles pro Jahr) die Wirtschaftspolitik humaner zu gestalten. Steigende Inflationsraten lassen viele Peruaner inzwischen mit Grauen an seine erste Regierungszeit zurückdenken.
Grafiken: http://es.wikipedia.org/wiki/Anexo:Presidente_del_Perú
Fotos: Public Domain, außer [Foto von Alejandro Toledo]: Marcello Casal Jr./Agencia Brasil; [Foto von Alan Garcia]: José Cruz/Agencia Brasil