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Abra(e)umkapitalismus

Gustavo Duch Gillot | | Artikel drucken
Lesedauer: 4 Minuten

Ecuador: mgl.Umweltzerstörung beim Kohleabbau - Foto: Troskiller

Das erste Brüllen ist zu vernehmen. Die Vögel erheben sich in hektischem, planlosem Flug. Die Säugetiere laufen orientierungslos im Kreis. Die Maulwürfe vergraben sich mit ihren Kindern so tief wie möglich und schlagen die Hände vor die verweinten Augen, die niemals etwas Vergleichbares sahen.

Die Leute des Dorfes klammern sich an die Bäume, ein paar Jugendliche haben sich an zwei Bäume gekettet. Nichtsdestotrotz erfolgt der erste Biss pünktlich und der Bagger verschlingt eine halbe Tonne Wald, Flora und Fauna. Auf diese Weise reißen die Baggerschaufeln und Dynamitexplosionen in die Eingeweide des Planeten Erde ein Loch von fast zwei Kilometern Durchmesser und mindestens 800 Metern Tiefe.

Warum so ein Angriff auf unseren Erdball? Was wollen sie vergraben? Fürchten Sie nicht, dass das Höllenfeuer aus dem Erdinneren lodern und sie verbrennen könnte? Heben sie ihr Grab aus? Haben sie keine Angst, von einem Geländespalt verschlungen zu werden?

Nein, die Interessen des Kapitals und die Notwendigkeit seiner Vervielfachung sind so unaufhaltsam, wie sie unsinnig und widerwärtig sind.

Nein, der Kapitalismus sucht sogar im All und in den Tiefen des Erdreichs nach Dingen aller Art, die ihn ernähren. In Ecuador ist es momentan der Lockruf des Kupfers, der die schwere Technik in Bewegung setzt.

Nein, es gibt keine Grenzen. Für den Tagebau El Mirador hat die Regierung von Rafael Correa chinesisches Kapital ausfindig gemacht, um in den nächsten 25 Jahren Kupfer zu fördern. Für den Hunger der Bauern hingegen findet sich nie eine Lösung.

Nein, sie kümmern sich weder um die technischen, noch um die ökologischen Probleme, die mit der Deponierung von täglich 26.000 Tonnen Abraum verbunden sein werden, denn sie werden daraus auch 600 Tonnen des begehrten Kupfers gewinnen. Insgesamt entspricht dieser Abraumberg der Müllmenge, die sich in 405 Jahren in Guayaquil, der größten Stadt Ecuadors, ansammeln würde. Und das alles nur, um etwa fünf Milliarden Pfund Kupfer zu gewinnen!

Nein, es wird keinen Wassermangel geben, um das Metall zu gewinnen. Aus den Flüssen der Volksgruppe der Shuar sollen pro Sekunde 120 Liter Wasser entnommen werden, um sie dann mit Säuren kontaminiert wieder einzuleiten. Die Fische werden sterben und die Menschen werden erkranken.

Nein, ihre Herzen, metallisch und kalt wie Kupfer, werden nichts wissen von den Dürren flussabwärts. Ihre LKW, beladen mit Metall, werden in dem neu entstandenen Elend umherfahren.

Und 25 Jahre später, wenn das Kupfer erschöpft und der Planet durch seine Verletzungen ausgeblutet sein wird, dann wird der Bergwerksbetreiber als Denkmal zu Ehren der Habgier aus dem Tagebau einen See gemacht haben, auf dem die Neureichen in ihren Motorbooten umherfahren werden. Und sie werden prahlen mit der grandiosen Aussicht. Von dort aus werden sie beobachten, was einmal die märchenhafte Cordillera del Cóndor – die Gebirgskette des Kondors – mit ihren endemischen Arten und ihrer tierischen und pflanzlichen Artenvielfalt war. Aber sie werden nichts sehen. Es wird dort sehr einsam sein und auf ewig grau und vergiftet – in der Cordillera del Cobre – der Gebirgskette des Kupfers.

Dieses ist nur das erste Projekt in einer langen Liste gefährlicher Vorhaben, in denen große Minenbetreiber der Natur den Krieg erklären. Den Anstoß dafür gab die Regierung dieses kleinen Andenstaates, der sich damit rühmt, der erste Staat in der Welt zu sein, der die Natur als Rechtssubjekt in der Verfassung verankert hat.

Das Volk Ecuadors geht auf die Straße und fordert: „Wasser muss wertvoller sein als Gold.“

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Gustavo Duch Gillot ist Mitarbeiter der Zeitschrift Soberanía Alimentaria, Biodiversidad y Culturas

Dieser Artikel erschien am 17.03.2012 in Clarin de Chile. Mit freundlicher Genehmigung der Zeitung.

Übersetzung aus dem Spanischen: Heide Scharfe

Bildquelle:  Troskiller

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