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Umweltpolitik in Chile
Entwicklung, Defizite, Herausforderungen

Christian Lütke Wöstmann | | Artikel drucken
Lesedauer: 3 Minuten

Das Thema Umwelt hat in Chile seit den siebziger Jahren mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Nach der Gründung der ersten Umweltschutzorganisation CODEFF im Jahre 1968 begann in den siebziger Jahren eine stärkere Auseinandersetzung mit dem Umweltthema, die sich in den achtziger Jahren in einer Verbreiterung der gesellschaftlichen Umweltbewegung niederschlug. Mitte der achtziger Jahre nahmen dann auch politische Parteien (der Opposition) die Debatte ökologischer Probleme auf und machten sie 1989 zu einem Wahlkampfthema. Ende der achtziger Jahre setzte eine zunehmende Sensibilisierung der Unternehmerschaft für Umweltprobleme ein. In der chilenischen Umweltpolitik sind seit dem Übergang zur Demokratie klare Verbesserungen zu erkennen. Während zwischen 1973 und 1990 nur punktuelle Anstrengungen zum Schutz der Umwelt unternommen wurden, bemühte sich nach 1990 besonders die demokratische Regierung unter dem Präsidenten Aylwin um eine Systematisierung der Gesetzgebung und die Schaffung effizienter Umweltschutzinstitutionen. Es konnte allerdings auch festgestellt werden, daß die Umweltpolitik unter der Regierung Frei in starkem Maße als Instrument der Handelspolitik betrachtet wird. Umweltstandards in Exportsektoren werden mit Blick darauf definiert, ausländische Klagen für chilenisches „Öko-Dumping“ zu entkräften. Trotz der – mit wechselnder Intensität vorangetriebenen – Anstrengungen existieren aber weiterhin erhebliche gesetzgeberische und institutionelle Defizite. Insbesondere die Kontrolle der Einhaltung bestehender Regelungen bleibt eine Schwachstelle der staatlichen Umweltpolitik.

In zentralen Wirtschaftssektoren treten erhebliche Umweltauswirkungen und externe Effekte auf. Im Bergbau kommt es, etwa durch die Luftbelastung der Kupferschmelzereien mit Schwefeldioxid, Arsen und Partikeln, zu Umweltzerstörung und negativen Externalitäten. Im Forstsektor sind neben den negativen externen Effekten auch positive Umweltwirkungen und Externalitäten festzustellen. Mit negativen Externalitäten ist beispielsweise die Substitution von einheimischem Wald durch Kiefer-Monokulturen verbunden, positive Externalitäten treten durch die Aufforstung erosionsgefährdeter Flächen auf. Die Umweltpolitik und -gesetzgebung im Forstsektor ist seit 1973 durch einen weitgehenden Stillstand auf niedrigem Niveau gekennzeichnet. Das größte Regulierungsdefizit liegt im Fehlen eines geeigneten Waldgesetzes zum Schutze und zur Regelung der Nutzung der einheimischen Wälder. Im Bergbau ist es dagegen, z. B. durch die Verabschiedung der Rechtsverordung No. 185 des Bergbauministeriums, zu einer Verschärfung des Umweltrechts gekommen. Es bestehen aber weiterhin noch Regelungslücken auf wichtigen Gebieten .

Als Prioritäten der Umweltpolitik im Bergbausektor lassen sich eine Verringerung der Arsen-, Schwefeldioxid- und Partikelemissionen sowie die Gewährleistung einer sicheren und unschädlichen Lagerung der Produktionsabfälle herausstellen. Um dies zu erreichen, sind entsprechend ausgestaltete Dekontaminierungspläne und insbesondere der Erlaß eines an der Gesundheitsschädlichkeit orientierten Grenzwertes für Arsen erforderlich. Ansätze effizienter Umweltpolitik für die einheimischen Wälder beginnen bei einer institutionellen Stärkung der Forstbehörde CONAF, um hierüber eine wirksame Kontrolle und Implementierung der Politik zu gewährleisten. Sie reichen weiter bis hin zur Ausweitung des Naturschutzsystems SNASPE zum besseren Schutz der Biodiversität und der Verabschiedung eines geeigneten Waldgesetzes zur Bremsung der Substitution und der Förderung der nachhaltigen Bewirtschaftung einheimischer Wälder. Sektorübergreifend ist eine Vereinfachung der umweltrelevanten Gesetzgebung, eine eindeutigere Kompetenzverteilung bei deren Durchsetzung und eine Stärkung der staatlichen Umweltinstitutionen zur effektiven Kontrolle und Umsetzung der Regulierungen im Umweltbereich anzuraten. Eine wirtschaftspolitische Strategie, die in starkem Maße auf eine umweltpolitische Regulierung verzichtet, um damit das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, würde mittel- bis langfristig große Risiken mit sich bringen. Sie kann zu Fehlspezialisierung führen und hohe Strukturanpassungskosten nach sich ziehen.

Im Zuge der Globalisierung drängt auch ein weiterer Faktor auf eine Verbesserung der Umweltpolitik in Chile: Das Land sieht sich mit wachsenden internationalen Anforderungen an die Umweltverträglichkeit seiner Produktionsmethoden konfrontiert. Diese Anforderungen machen eine Verringerung der negativen Umwelteffekte der Produktion zu einer wichtigen Bedingung für den weiteren Erfolg der exportorientierten Entwicklungsstrategie.

* Mit freundlicher Genehmigung des Lateinamerika-Zentrums (CeLA) der Universität Münster

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