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Goldbergbau-Projekt ‚Pascua Lama‘ in der Warteschleife

Daniela Estrada | | Artikel drucken
Lesedauer: 4 Minuten

Santiago, 21. Januar (IPS/Tierramérica) – Fast zwei Jahre nach Genehmigung durch Chile ist noch immer kein Starttermin für das ‚Pascua-Lama-Projekt‘ in Sicht. Das umstrittene Vorhaben der kanadischen ‚Barrick Gold Corporation‘ ist das erste binationale Bergbauprojekt der Welt, denn die wertvollen Gold- und Silbervorkommen lagern zu 80 Prozent in Chile und zu 20 Prozent in Argentinien. Während sich beide Ländern bisher nicht auf die Verteilung der Gewinne einigen konnten, schlagen Umweltverbände Alarm.

Die in den Anden auf zwischen 4.200 und 5.200 Metern Höhe gelegene Goldmine birgt Schätzungen zufolge 17 Millionen Unzen Gold und 689 Millionen Unzen Silber, die zusammen mehr als 15 Milliarden US-Dollar wert sind. Zum Abbau der wertvollen Metalle sind geschätzte Investitionen in Höhe von 2,4 Milliarden Dollar erforderlich.

Auf der Website von Barrick Gold heißt es, das Projekt schreite voran. Doch für die Inbetriebnahme der Mine seien noch weitere Genehmigungen nötig, vor allem von argentinischer Seite. Außerdem stehe noch eine Einigung beider Länder über Steuerfragen aus.

Im Februar 2006 hatte die regionale Umweltkommission COREMA der nordchilenischen Region Atacama die von Barrick präsentierte Umweltverträglichkeitsstudie zu dem Projekt unter Auflagen akzeptiert. Im Dezember zog die Regierung der argentinischen Provinz San Juan das nach.

Die chilenische Kommission verweigert dem Konzern die Zustimmung, drei nahe den Goldvorkommen liegende Gletscher – ‚Toro I‘, ‚Toro II‘ und ‚Esperanza‘ – zu verlagern. Denn die Gletscher speisen das Wassersystem des Huasco-Tals, auf das rund 70.000 Kleinbauern zur Bewirtschaftung ihrer Felder angewiesen sind. ‚Barrick‘ soll stattdessen einen Plan zur Überwachung und Kontrolle der Gletscher vorlegen.

Bedenken von Umweltschützern übergangen

Indem sie dem Projekt jedoch insgesamt grünes Licht gaben, setzten sich die Regierungen beider Länder über Bedenken von Umweltschützern hinweg, die weitreichende soziokulturelle und ökologische Folgen befürchten. Das Lateinamerikanische Observatorium für Umweltkonflikte (OLCA), eine Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Chile, kündigte für Februar eine Aktion von Umweltschützern aus beiden Ländern am Ort des Geschehens in über 4.000 Metern Höhe an.

Unterdessen herrscht zwischen den Regierungen in Santiago und Buenos Aires offenbar Uneinigkeit darüber, wie die Exporte aus der Mine zu versteuern sind. Im November hatte Argentiniens Ex-Präsident Néstor Kirchner erklärt, eine bis zu zehnprozentige Steuer auf die Exporte erheben zu wollen.

Presseberichten zufolge verlangt Chile, dass der Barrick-Konzern seine Gewinne zu 80 Prozent in Chile besteuert, da 80 Prozent der Metallvorkommen in chilenischem Boden lagern. Dieser Vorschlag erbost wiederum die argentinische Seite, wo der größte Teil der Verarbeitungsanlagen angesiedelt werden soll. Buenos Aires zufolge werden die möglichen Umweltschäden und die bei der Produktion anfallenden Rückstände keineswegs im Verhältnis 80 zu 20 stehen.

Doch es gibt noch weitere Schwierigkeiten. Die Barrick Gold Corporation befindet sich im Rechtsstreit mit einem chilenischen Ingenieur. Dieser wirft der Firma vor, ihn betrogen zu haben, indem sie ihm lediglich 20 Dollar statt wie vereinbart eine Million Dollar für die Schürfrechte in den umliegenden Grundstücken gezahlt habe.

Die Gold- und Silbervorkommen liegen zudem in einem Gebiet, das die indigene Gemeinschaft der Diaguita für sich beansprucht. Vor einem Jahr reichte die Gemeinschaft bei der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte Klage gegen den chilenischen Staat ein, da sie sich in ihren Rechten missachtet sah.

Gletscher bereits durch Vorarbeiten geschädigt

OLCA beschuldigt den Bergbaukonzern, 50 bis 70 Prozent der Gletscher bereits während der Explorationsarbeiten und dem Bau von Zubringerstraßen zerstört zu haben. Den Vorwurf hat die regierungseigenen Generaldirektion für Wasserwirtschaft bestätigt.

Der Senator der am chilenischen Regierungsbündnis beteiligten Partei für die Demokratie (PPD), Guido Girardi, ist der Überzeugung, dass das Projekt auch den Rest der Gletscher zerstören werde. „Chile ist wohl das einzige Land, in dem Projekte trotz negativer Umweltverträglichkeitsstudien dennoch in die Tat umgesetzt werden“, erklärte der Senator.

Aus Berichten der OLCA geht hervor, dass die Behörden bereits die Errichtung von 363 Hochspannungstürmen in der zentralchilenischen Region Coquimbo genehmigt haben, um das Bergbauprojekt mit Strom zu versorgen. Die Region ist für seinen großen Reichtum an Flora und Fauna berühmt.

Auf argentinischer Seite protestieren die Bewohner von San José de Jachal, eines in der Nähe der Schürfregion gelegenen Dorfes, Weinbauern, Touristikveranstalter und Umweltgruppen gegen die Mine. Eine Entscheidung des Obersten Gerichthofs Argentiniens darüber, ob das Projekt bestehende Umweltgesetze verletzt, steht ebenfalls noch aus.

„Diese Maßnahmen alleine werden das Projekt vermutlich nicht verhindern, aber sie sorgen für Unsicherheit. Jeder Tag, der den Beginn der Schürfarbeiten aufschiebt, schadet dem Image der Firma auf internationaler Ebene und gegenüber ihren Aktionären“, meint OLCA-Direktor Lucio Cuenca. Die Organisation fürchtet vor allem, dass Pascua Lama ein Vorreiter für weitere Schürfprojekte hoch oben in den Anden sein könnte, „wo die Flüsse geboren werden“. (IPS Europa / 2008)

Copyright @ Tierramérica (www.tierramerica.info)

Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von IPS Europa.

1 Kommentar

  1. schmuck helmut sagt:

    warum sollte es in den südamerikanischen ländern anders laufen als bei uns in nrw mit dem braunkohlen abbau auf die menschen wird nirgend wo auf der welt rücksicht genommen wir jedenfalls werden keinen goldschmuck mehr kaufen und auch unseren strom nur noch aus alternativen quellen beziehen.

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