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Politik und Kultur in Lateinamerika

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Kinderspiele aus Lateinamerika

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Lesedauer: 4 Minuten

Bolivien – La Palma

Dieses sehr alte Spiel ist unter den bolivianischen Indianern sehr beliebt : Man vertreibt sich im Hochland genauso die Zeit damit wie in den tropischen Urwäldern der Täler.

Zum Spiel nehmen die Indianer einen Knochen, gewöhn¬lich das Steißbein eines Esels oder eines Lamas, und eini¬ge Steinchen. Der Knochen (ein Stock ist ebenso geeignet) wird als Zielscheibe in die Erde gesteckt. Etwa drei Meter von diesem Ziel entfernt wird eine Linie auf die Erde gezo¬gen und dann im selben Abstand weitere fünf Linien hin¬tereinander: Die letzte ist also 18 m vom Ziel entfernt.

Meist wird La Palma von Knaben, zuweilen aber auch von Männern gespielt. Der Reihe nach versuchen sie erst vom nächstgelegenen Strich aus, mit einer einfachen Schleuder und einem Steinchen das Ziel zu treffen. Der Stein kann ebensogut mit der Hand nach dem Ziel geworfen werden. Der Spieler, der das Ziel beim ersten Versuch nicht getrof¬fen hat, kann in der nächsten Runde wiederholen. Wer jedoch getroffen hat, wirft, sobald er wieder an der Reihe ist, von der drei Meter entfernten Linie auf das Ziel. So hat jeder Spieler die Möglichkeit, von einer Linie zur anderen zu gelangen. Wer als erster den Knochen von der sechsten Linie aus getroffen hat, ist Sieger. Bei geübten Spielern wird die Entfernung verdoppelt.

Chile – La Barra – Schranke

Bei diesem beliebten chilenischen Fangspiel stellen sich zwei Mannschaften, zu mindestens vier Mitspielern in einer Linie auf. Etwa 6 m vor ihnen steht der Gesandte, den eine Mannschaft bestimmt hat. Die andere Mannschaft beginnt das Spiel, indem sie im Chor fragt: „Barra?“ (Schranke?). Der Gesandte antwortet: „Dicha la Barrat!“ Das bedeutet im Spiel: „Schranke frei!“ In diesem Augenblick läuft ein Spieler aus der Fragemannschaft, der Fänger, los und versucht, den noch an der gleichen Stelle stehenden Gesandten zu erreichen. Gleichzeitig rennt auch ein Spieler aus der Mannschaft des Gesandten, um den Fänger möglichst vorher abzufangen. Hat der Fänger den Gesandten erreicht, dann ist er sein Gefangener. Wenn jedoch der zum Schutz des Gesandten losrennende Spieler den Fänger vorher berührt, dann wird der Fänger Gefangener der Gegenpartei. Nun beginnt eine neue Runde. Wenn der Gesandte gefangengenommen wurde, wird seine Gruppe Fragemannschaft, und die andere schickt einen Gesandten aus. Ist der Fänger dagegen in Gefangenschaft geraten, bleibt der Gesandte auf seinem Platz. Das Spiel ist zu Ende, wenn eine Mannschaft alle ihre Spieler verloren hat.

>Chile – Der Bote des Königs

(Dieses Spiel ist für kleine Kinder bestimmt)

Die Spieler – mindestens zehn – nehmen im Kreis Aufstellung. Jeder Spieler wird nach einer Farbe benannt: der Rote, der Blaue, der Gelbe. Ein Spieler aber wird zum Boten des Königs gewählt. Der Bote des Königs tritt in den Kreis und erklärt, der König sei ausgeraubt worden, und der Räuber befinde sich unter ihnen. Nun beginnt ein Dialog zwischen dem Boten und den Spielern. Wenn einer in diesem Zwiegespräch einen Fehler begeht, muß er ein Pfand geben. Das passiert dann, wenn er den folgenden altüberlieferten Text nicht genau nachspricht, wenn er außer der Reihe antwortet oder wenn er erst sehr lange überlegt, bevor er dem Boten des Königs eine Antwort gibt. Der Dialog aber lautet:

Bote des Königs : „Ich bin gekommen, um euch zu sagen, daß der goldene Ring des Königs verlorengegangen ist. Er befindet sich jetzt bei Braun.“
Braun: „Bei mir, hoher Herr?“
Bote des Königs: „Bei dir, hoher Herr.“
Braun: „Ich habe ihn nicht, hoher Herr.“
Bote des Königs: „Wer dann?“
Braun: „Rot, hoher Herr!“

Nun wendet sich der Bote des Königs an Rot, und das Zwiegespräch wird so lange fortgesetzt, bis alle Spieler an der Reihe waren. Nachdem alle geantwortet haben, lösen die Spieler ihre Pfänder ein.

Aus: András Zukácsy: Spiele aus aller Welt. Leipzig: Verlag für die Frau, 1972

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