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Politik und Kultur in Lateinamerika

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Widersprüche linker Regierungen im Angesicht der Zivilisationskrise

Edgardo Lander | | Artikel drucken
Lesedauer: 12 Minuten

Mit dem „Links-Ruck“ in vielen Ländern Lateinamerikas am Ausgang des 20. Jahrhunderts und der damit verbundenen Abkehr vom neoliberalen Wirtschaftsparadigma war bei vielen Menschen die Hoffnung verbunden, die lateinamerikanischen Ökonomien könnten auch ihre Abhängigkeit von Rohstoffexporten vermindern. Denn die Integration Lateinamerikas in die internationale Arbeitsteilung war schon seit der Unabhängigkeit bestimmt durch den unermesslichen Ressourcenreichtum. Konzentrierte sich die Spezialisierung zunächst auf Agrarexporte, kamen zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch die erhöhte Nachfrage aus dem kapitalistischen Zentrum auch mineralische Rohstoffexporte hinzu. Doch trotz der enormen Devisenzuflüsse nach Lateinamerika verharrten die meisten Ökonomien in der Spezialisierung auf die Ressourcenausfuhr. Eine Diversifizierung der wirtschaftlichen Aktivitäten blieb weitgehend aus. Lateinamerika war anscheinend „zu reich“, um sich zu entwickeln.[1]

Der vorliegende, etwas verkürzte Text geht der Fragestellung nach, in wie fern sich durch die politische Neuausrichtung in zahlreichen lateinamerikanischen Ländern auch die Wirtschaftspolitik verändert hat.

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Der Anteil von Primärgütern am Gesamtexport in Lateinamerika - Quelle: Zeitschrift Luxemburg 01/2010, Edgardo Lander

[…] In den meisten Ländern, in denen linke Regierungen an der Macht sind, gibt es Politikansätze, die das ausbeuterische Produktionsmodell nicht nur nicht in Frage stellen, sondern es noch befördern und verfestigen. Ein typisches Beispiel für die Auseinandersetzungen im Rahmen der Akkumulation durch Enteignung war der Konflikt zwischen den Interessen der Bergbaugesellschaften und dem Kampf um die Erhaltung der Gletscher in der Andenregion zwischen Chile und Argentinien. Die Regierungen beider Länder haben neue Schritte in Richtung Mega-Bergbau unternommen und das umstrittene Lama-Projekt durchgeführt. Dabei werden in der Grenzregion der beiden Länder in einer Höhe von mehr als 4000 Metern Mineralien abgebaut. Die Gletscher, eine wesentliche Wasserquelle für die Menschen beiderseits der Grenze, werden beschädigt, wenn nicht ganz zerstört. Das Vorhaben wurde von beiden Regierungen genehmigt, obwohl es breiten Widerstand seitens Indigenen- und Umweltorganisationen gab und es von weiten Teilen der Öffentlichkeit abgelehnt wurde. Im Jahr 2008 wurde im argentinischen Parlament das so genannte Gletschergesetz in beiden Kammern einstimmig verabschiedet.

Das Gesetz verbietet Tätigkeiten, die die natürlichen Bedingungen der Gletscher verändern, zerstören oder deren Verschiebungen/Bewegungen behindern. Dieses Gesetz wurde durch ein Veto der Präsidentin Cristina Kirchner gekippt. Die Regierungen Kirchners in Argentinien, der Frente Amplio in Uruguay und Lulas in Brasilien haben durch massive Subventionen die Ausbreitung von großflächigen Monokulturen gefördert, darunter Eukalyptus- und Pinienplantagen zur Herstellung von Zellulose, Holz oder Biotreibstoffen.

Allein in Brasilien wurde eine Fläche von sechs Millionen Hektar hauptsächlich mit Eukalyptus bepflanzt. Landwirtschaftliche Monokultur bedeutet Verlust von Artenvielfalt und Lebensmittelanbau, ändert Hydrokreisläufe, verkarstet Böden und zerstört indigene Kulturen und Lebensweisen, die auf das ursprüngliche Ökosystem angewiesen sind. Es gibt Auseinandersetzungen über den Landbesitz von Gebieten, in denen indigene und andere traditionelle Gemeinschaften leben.

„United Soya Republic“

Soja Herstellung in Brasilien (Foto: ABr)

Sojabohnen sind der am schnellsten wachsende Zweig des boomenden Agrarsektors. Auf die rasant steigende internationale Nachfrage haben die Agrarunternehmen mit einer schnellen Ausdehnung des Anbaus in Argentinien, Brasilien, Paraguay und Bolivien reagiert. Die Konzentration von Landbesitz hat Bauern vertrieben, so dass kaum mehr Reis, Mais, Sonnenblumen und Weizen angebautwerden. Gleichzeitig stieg die Macht von Unternehmensgruppen, die an der Soja verdienen. Der Agrarkonzern Sygenta spricht arrogant von der „United Soya Republic“. Im Jahr 2009 wurden in Argentinien schätzungsweise 18 Millionen Hektar, das sind etwa 50 Prozent der gesamten Anbaufläche des Landes, für den Anbau transgener Sojabohnen genutzt und dabei etwa 200 Millionen Liter hoch giftigen Glyphosats verwendet.

Die große Macht der Agrarunternehmen wurde in Lateinamerika dazu benutzt, Regierungspolitiken durchzusetzen, Gesetze abzulehnen und sogar Regierungen zu stürzen. Ein Teil der Führung des radikalen Widerstands gegen Evo Morales im Bezirk Media Luna gehört zu den Sojaerzeugern. In Paraguay kämpfen die vertriebenen Bauern gegen den Anbau von Sojabohnen. In Argentinien hat sich die rechtsextreme Opposition gegen die Regierung von Cristina Kirchner um eine Gruppe von Sojabohnenunternehmern versammelt, die Einfuhrzölle ablehnen, mit denen die Regierung öffentliche Ausgaben und eine moderate Umverteilungspolitik finanzieren will.

Der Versuch der brasilianischen Regierung, den Anbau transgener Sojabohnen zu genehmigen, traf auf starken Widerstand von Umweltorganisationen, der Landlosenbewegung (MST) und der Arbeiterpartei (PT), die die Einführung verhindern konnten. Trotz des Verbots bauten die Sojaunternehmen die Monsanto Roundup Ready Sojabohne im Süden Brasiliens auf einer riesigen Fläche an. Nachdem Lula Präsident wurde, gewährte er den Unternehmen eine vorübergehende Amnestie und gestattete später den Anbau transgenen Saatguts per Gesetz. Dabei ist die Ausbreitung der Sojabohnenfront eine der Hauptursachen für die Abholzung des Regenwaldes am Amazonas.

Es gibt nur wenige Orte auf der Welt, an denen es einen so klar umrissenen Kontrast zwischen zwei Anbauweisen gibt. Das eine Modell lässt sich als das Monsanto-Modell des Exports für den Weltmarkt bezeichnen: Landbesitz konzentriert sich in den Händen Weniger, genetisch veränderte Organismen (GVO) werden eingesetzt, die Landwirtschaft ist mechanisiert und setzt auf Agrarchemikalien. Das andere Modell ist das MST-Modell. Es beinhaltet die Neuverteilung von Land, ökologisch nachhaltige Farmwirtschaft, Bevorzugung von Lebensmittelproduktion für den Eigenverbrauch, für lokale und Binnenmärkte sowie Kontrolle über Lebensmittel (Lebensmittelsouveränität).

Das Tempo der Ausweitung des Agrarmarktes in Brasilien ist von der Regierung Lula entschieden worden: Er hat dem Agrobusiness Vorrang eingeräumt gegenüber der Lebensmittelerzeugung der Kleinbauern. Nach Angaben der MST wurden in der Anbauzeit 2007/2008 von der Regierung Kredite im Volumen von 58 Milliarden Reais an Agrarunternehmen vergeben, aber nur zwölf Milliarden an die bäuerliche Landwirtschaft. Auf Landbesetzungen der Bauern antwortete die Regierung mit Repression.

Auch die Förderung von Biotreibstoff aus Zuckerrohr hat die Regierung Lula vorangetrieben. Die Präsidenten Bush und Lula unterzeichneten im Jahr 2007 ein Abkommen über die technologische Kooperation beider Länder, das die Erzeugung von Biotreibstoff massiv beförderte. In diesem Jahr erzeugte Brasilien 17 Milliarden Liter Ethanol. Schätzungen gehen davon aus, dass zusätzlich zu den sechs Millionen Hektar, die bereits als Anbaufläche genutzt werden, weitere 24 Millionen Hektar für den Anbau freigegeben werden. Die Genehmigung des Anbaus und der Vermarktung von zwei Sorten genetisch modifizierten Maises, von Bayer und Monsanto, wird von der Kampagne für ein transgen-freies Brasilien als größte Tragödie der Regierung Lula bezeichnet.

Droge Öl: Venezuela

Venezuelas Praesident Hugo Chavez (Foto: Presidencia de la República del Ecuador)

Nirgendwo ist die Suche nach Alternativen zum vorherrschenden Produktions- und Zivilisationsmodell schwieriger als in Venezuela. Das gesamte Land ist abhängig von dem gegenwärtigen Energiemodell, das das Überleben der Menschheit bedroht. Nach beinahe einem Jahrhundert hat sich im ganzen Land kulturell eine träge Rentiersmentalität herausgebildet. Die Forderungen der Bürgerinnen und Bürger an den Staat gehen vom Bestehen eines reichen Landes mit unerschöpflichen Ölreserven aus. Der Lebensstandard der privilegierten Minderheit des Landes wurde seit Jahrzehnten vom Öl gespeist. Die Sozialgesetzgebung der Regierung Chávez, die einen verbesserten Zugang breiter Teile der Bevölkerung zu Lebensmitteln, Gesundheitsversorgung und Bildung eröffnet, war möglich, weil zur gleichen Zeit der Ölpreis erheblich gestiegen ist.

Die großen außenpolitischen Initiativen wie Petrocaribe und die verschiedenen Programme der Bolivarischen Alternative für Amerika (ALBA) wurden mit Öl finanziert. Vor diesem Hintergrund ist es schwer vorstellbar, dass diese Gesellschaft ihre Abhängigkeit vom Öl überwinden kann. In den Reden zu Beginn der Amtszeit von Präsident Chávez ist immer wieder davon die Rede, ein alternatives und nachhaltiges Gesellschaftsmodell zu schaffen. Chávez sagte wiederholt, dass man mehrere Planeten bräuchte, um den Konsumlevel der USA für alle Menschen der Erde zu ermöglichen. Dennoch hat sich in den zehn Jahren seiner Regierungszeit die Abhängigkeit des Landes von Öl verschärft. Im Jahr 2008 hatte Öl einen Anteil von 92 Prozent am venezolanischen Gesamtexportvolumen. Venezuela hat zum Wiederaufbau der OPEC und deren Fähigkeit der Ölpreiskontrolle beigetragen. Der Staat hat mehr Kontrolle über die Branche und ein größerer Anteil der Ölgewinne wird durch den Staat kontrolliert.

Dennoch haben sich weder die Strategie der staatlichen Ölgesellschaft (PDVA) noch die Bedeutung von Öl in den Entwicklungsplänen des Landes verändert. Die Vorstellung eines Post-Öl-Venezuelas ist nicht in Sicht. Um die Produktion zu erhöhen, wurde in den letzten zehn Jahren stetig investiert und Partnerschaften mit internationalen Unternehmen, staatlichen wie privaten, wurden eingegangen. Die Ölreserven des Landes sind die größten der Welt, größer als die Saudi Arabiens. Die Gasvorkommen sind die bedeutendsten in Südamerika und, zählt man die jüngste Entdeckung vor der Küste mit, die weltweit bedeutendsten. Für die Orinoco- Vorkommen gibt es Verträge mit Indien, Russland, China, Spanien, Iran und Brasilien. Der Strategische Plan für die Entwicklung der Gasvorkommen sieht neben Investitionen von US-Firmen weitere von Firmen aus Italien (ENI) und Norwegen (STATOIL) vor. Die venezolanische Ölgesellschaft PDSA geht davon aus, dass die Ölförderung bis 2012 auf 5,8 Millionen Barrel pro Tag steigen wird. Dies stellt verglichen mit den Zahlen von 2006 einen Anstieg um 72 Prozent dar. Um diesen Sprung zu erreichen, werden große Teile des Staatsgebiets, inklusive des Wassers, für die Förderung von Gas und Öl freigegeben. Im ersten staatlichen Entwicklungsplan der Regierung Chávez heißt es, Venezuela werde zu einer der führenden Energiemächte der Welt werden: „Öl wird weiterhin eine entscheidende Rolle spielen bei der Akquise ausländischer Ressourcen, bei der Generierung von Produktionsinvestitionen, der Befriedigung von Energiebedarf und bei der Konsolidierung eines Sozialistischen Produktionsmodells.“

Ein weiterer Ausdruck der Weiterführung des alten kohlenwasserstoffbasierten Energiemodells zeigt sich in der Binnenmarktpolitik. Ein Liter des teuersten Benzins wird in Venezuela für ungefähr fünf US-Cent verkauft. In der Sierra von Perijá erzeugt die Regierungspolitik die größten Konflikte. Auf der einen Seite stehen Viehbauern und Bergbauunternehmen, auf der anderen indigene Gemeinschaften. Die Regierung scheint dabei zugunsten der Viehwirtschaft und der – teilweise staatlichen – Bergbauinteressen entschieden zu haben. Die in der Verfassung garantierten Rechte der Menschen in dieser Gegend, Barí, Yukpas, Japreria und Wayúum, sowie der Erhalt der knappen Wasserressourcen und der großen Artenvielfalt sind offenbar zweitrangig.

Die Natur als Subjekt

Ecuador Indigenas (Foto: Quetzal-Redaktion, ssc)

In Bolivien und Ecuador nehmen die Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Zivilisationsmodellen einen zentralen Stellenwert ein. Die Verfassungstexte beider Länder stellen einen Bruch sowohl mit der liberalen Verfassungstradition wie den überkommenen Projekten der Linken dar. In der Verfassung Ecuadors wurde zum ersten Mal „die Natur“ als Rechtssubjekt anerkannt.

Art. 72: „Natur oder Pachamama, wo Leben reproduziert und realisiert wird, hat das Recht, in ihrer Existenz, Aufrechterhaltung und Regeneration ihrer Lebenszyklen, Strukturen, Funktionen und Evolutionsprozesse ganzheitlich respektiert zu werden.  … Der Staat wird Individuen und Unternehmen und Kollektive dazu ermutigen, die Natur zu schützen und den Respekt für alle Elemente eines Ökosystems zu fördern.“

Art. 73: „Die Natur hat das Recht der integralen Wiederherstellung. Die Wiederherstellung ist unabhängig von den Verpflichtungen des Staates und der natürlichen oder juristischen Personen, Individuen und Gruppen zu entschädigen, die von den betroffenen Natursystemen abhängig sind. In Fällen ernster oder dauerhafter Auswirkungen auf die Umwelt, auch durch die Ausbeutung nicht erneuerbarer Naturressourcen, wird der Staat den effektivsten Ablauf für die Wiederherstellung festlegen und geeignete Maßnahmen ergreifen, die schädlichen Konsequenzen für die Umwelt einzudämmen.“

Doch auch wenn der Verfassungstext von Ecuador den größtmöglichen Bruch mit Vorstellungen von Natur als Objekt oder zu vernutzende Ressource darstellt, gibt es starken Widerstand gegen Versuche, die Produktionsweise und hegemoniale Zivilisationsmodelle zu verändern. Der kommt nicht nur von der Opposition und aus der Wirtschaft, sondern auch von offizieller Seite. Das Regierungshandeln steht nicht immer im Einklang mit dem Text der Verfassung.

Es besteht eine Spannung zwischen Vorstellungen vom guten Leben, den Rechten der Natur und von Plurikulturalismus auf der einen und der traditionellen Entwicklungsfixierung, wie sie in einigen Entscheidungen der Correa-Regierung zum Ausdruck kommt, auf der anderen Seite. Einige Gesetze weisen in eine deutlich andere Richtung. Ganz im Einklang mit dem Geist der Verfassung, obwohl schon früher geschrieben, formulierte Ecuador einen innovativen Vorschlag hinsichtlich des Klimawandels und des Einflusses fossiler Brennstoffe, ein Hauptfaktor im Klimawandel. Es wurde vorgeschlagen, auf die Förderung der reichen Ölvorkommen im Yasuní-Nationalpark im Amazonas zu verzichten, um so die Erderwärmung einzudämmen. Das stellt ein Viertel der nachgewiesenen Ölvorkommen des Landes dar. Die Ölvorkommen unter Tage ruhen zu lassen, würde zum Erhalt einer der artenreichsten Gegenden des Planeten beitragen und gleichzeitig die Gebiete der Ureinwohner schützen. Dieser Vorschlag – der einen radikalen Bruch mit dem hegemonialen produktivistischen Modell darstellt – erfordert im Rahmen der Logik der Umweltgerechtigkeit als Gegenpart die Einrichtung eines Entschädigungsfonds. Dieser würde durch die Zusammenarbeit und Solidarität der internationalen Gemeinschaft finanziert.

Anstelle dieses Vorschlags verabschiedete der Kongress im Januar 2009 ein neues Bergbaugesetz, das von Indigena- und Umweltorganisationen abgelehnt wird. Sie argumentieren, dass mit dem Gesetz ihr verfassungsmäßiges Recht auf ein gutes Leben und die Rechte der Natur beeinträchtigt werden. Die Ausweitung des Bergbaus, insbesondere des Tagebaus, der durch dieses Gesetz genehmigt werde, führe zu einer Verschmutzung des Lands, der Flüsse und Wasserläufe. Darüber hinaus wurde kritisiert, dass ein Gesetz mit solch weitreichenden Konsequenzen für das Land ohne öffentliche Debatte verabschiedet wurde und der Inhalt nicht mit den indigenen Gemeinschaften, Völkern, Menschen und Nationalitäten beraten worden sei, wie die Verfassung es vorsehe, wenn ein Gesetz die Kollektivrechte einschränkt. Im März 2009 reichte die Konföderation Indigener Nationalitäten Ecuadors (CONAIE) beim Verfassungsgericht eine Klage auf Verfassungswidrigkeit ein. Die größte Umweltorganisation Ecuadors schloss sich dieser Forderung an. Eine Entscheidung steht noch aus.

Aus dem Englischen von Catharina Schmalstieg

Original-Beitrag aus Luxemburg – Gesellschaftsanalyse und linke Praxis, 1/2010, S. 76ff vom 09.04.2010. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift.

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Edgardo Lander ist Prof. für Soziologie an der Zentraluniversität in Caracas, Redakteur der “Revista Venezolana de Economía y Ciencias Sociales” und einer der profiliertesten Linksintellektuellen Venezuelas. Schwerpunkte:  Demokratie in Lateinamerika, demokratische Wissenschaft, Freihandel.

[1] Mahon Jr, James E.(1992): Was Latin America too rich to prosper? Structural and political obstacles to export-led industrial growth, Journal of Development Studies, 28 (2), S. 241 — 263.

Bildquellen:
[1] Tabelle aus Lander, Edgardo: Widersprüche linker Regierungen im Angesicht der Zivilisationskrise, in: Zeitschrift Luxemburg, 01/2010; [2] Agencia Brasil; [3] Presidencia de la República del Ecuador; [4] Quetzal-Redaktion, ssc

5 Kommentare

  1. jan z. volens sagt:

    Aus Zeitmangel nicht gelesen. Doch Eindruck: Ein Akademiker welcher wie viele gegen die Rohmaterialienwirtschaft schreibt und nach hoeheren Wirtschafsformen fordert. Aber ohne Rohmaterialien geht die wirkliche Welt nicht, und jedes Land kann doch nicht nur „Technology“ produzieren. Deshalb braucht die Welt, und brauchen bestimmte Laender die Rohmaterialienwirtschaft: Eisenerz, Oel, Gas, Mineralien, Getreide, Fleisch, Baumwolle, Holz. Schon weil sie noch nicht mit Technology wettbewerben koennen , und weil Rohmaterialien doch irgendwo produziert werden muessen. Warum versuchen Europaer den Lateinamerikanern einzureden dass sie sich schuldig fuehlen sollten wenn sie Rohmaterialien erzeugen? Der Tag kommt frueh genug wenn man die Rohmaterialien in Lateinamerika industriell verwertet und dann im Wettbewerb gegen Europa auf dem Weltmarkt vertreibt. Deutschland stellt keine Mittelstreckenjets her: Brasiliens EMBRAER ist der fuehrende Hersteller solcher Flugzeuge in der Welt – und diese Rohmaterialien werden alle in Brasilien produziert.

  2. jan z. volens sagt:

    Zusatz zu vorherigen Kommentar: Beispiel Flugzeuge – Brasilien hat jetzt Projekte fuer neue Flugzeugtypen zusammen mit der Flugzeugindustrie in Chile und Argentinien. Sie werden zusammen neue Typen von Militaertransportflugzeugen herstellen. (Das Militaer in diesen Nationen dient auch fuer zivile Aufgaben zur Loesung von dringenden Infrastrukturaufgaben und fuer Soforthilfe waehren Notstaenden.) Die brasilianischen EMBRAER Jets werden tausendfach weltweit im Mittelstreckenluftverkehr geflogen – auch in USA und Europa.

  3. jan z. volens sagt:

    Ein Beispiel wie das Militaer in Brasilien bei „Infrastrukturaufgaben“ hilft: In Amazonia geht der meiste Verkehr bei Fluss. 350,000 Schueler in Brasilien kommen nicht mit dem Schulomnibus zur Schule sondern mit einem Flussboot. Auch Kranke und Verletze muessen von isolierten Gemeinden schnell per Fluss evakuiert werden zum nachsten „posto de saude“ – und da muss auch ein schnelles Boot zur Verfuegung stehen, – moeglichst in jeder Gemeinde. Deshalb baut die Werkstatt der brasilianischen Marine in Belem die kleinen, schnellen Boote welche dann an Gemeinden verteilt werden. Logistik ist auch sehr kostspielig in Amazonia (Gebiet in 9 Nationen mit Millionen von Menschen) weil die meisten Produkte dort hin von den entwickelten Landesteilen transportiert werden.

  4. jan z. volens sagt:

    In „Amazonia“ kann man auch von Brasilien ueber den Fluss zur anderen Seite – in die EU – die Europaeische Union. Sehe Video TRAVESSIA SAINT GEORGES DE OYAPOCK OIAPOQUE. Der gluecklichste Mann in Suedamerika – ein brasilianischer Einwanderer, welcher als Flusspilot fuer die franzoesische Fremdenlegion arbeitet. 2,800 Euros im Monat, 6 Wochen Ferien, hat schon die franzoesischen Antillen besucht. Der Sohn studiert in Frankreich, sehe Video O BRASIL NA GUIANA FRENCESA BARQUEIRO DA LEGIAO.

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