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Venezuela: Und auf einmal ist Weihnachten …

Redaktion | | Artikel drucken
Lesedauer: 3 Minuten

Schon seit langem wissen wir: Venezuelas Präsident Nicolás Maduro, selbsternannter „Super-Bigote-Man“, kann Wunder vollbringen: Das hat er gerade wieder bewiesen, als er (nicht das erste Mal) das „Weihnachtsfest-Verlegungs-Wunder“ vollbrachte. Diesmal dekretierte er, nachzulesen auf der Regierungswebsite, in seinem Land finde Weihnachten vom 1. Oktober 2023 bis zum 15. Januar 2024 statt! Im Fernsehstudio der Venezolana de Televisión (VTV) erklärte er am 2. September vor unzähligen Bücher-Attrappen, „es rieche nach Weihnachten“, denn das Volk habe bei den Präsidentschaftswahlen am 30. August „den Faschisten“ eine Abfuhr erteilt. Im Anschluss an diese Worte erteilte er einem Chor das entsprechende Auftaktzeichen, das bekannte Kinderweihnachtslied „Corre caballito, vamos a Belén a ver a María y al niño también” [dt.: „Lauf‘ Pferdchen nach Bethlehem, um Maria und auch das (Christ-)Kind zu sehen!“) anzustimmen. Wohlweislich und vorsorglich hat der Präsident damit Weihnachten nicht nur nach vorn, mithin rund zwei Monate vor den ersten Advent, ausgedehnt, sondern auch nach hinten, über Epiphanias (am 6. Januar) hinaus, bis zum 15. Januar. Wie schön, dass damit auch gleich noch die Inauguration seiner dritten Amtszeit in diese „heilige“ Zeit fällt! In Venezuela bestimmt also der Staat, nicht die Kirche(en), wann die Ankunft von Jesus geschah. Außerdem verbot der Präsident übrigens seinem Volk, sich in dieser Zeit zu langweilen! Bereits jetzt sind Caracas‘ öffentliche Räume festlich mit Weihnachtsbäumen, -lichtern und -sternen geschmückt. Maduros „Weihnachtszeitdekret“, mit dem er das Volk von den Wahlprotesten ablenken und in ihm gute Stimmung erzeugen will, erging übrigens justament an dem Tag, als die Staatsanwaltschaft des Landes die Inhaftierung von Edmundo González Urrutia anordnete, seines stärksten Gegners in den letzten Präsidentschaftswahlen. Dass die Katholische Bischofskonferenz Venezuelas diese Anmaßung und Einmischung in rein kirchliche Angelegenheiten zurückweist und auf dem 25. Dezember als Weihnacht beharrt (und selbst die Vorweihnachtszeit, wie im Christentum üblich, ab dem 1. Advent datiert), dass sie sich zugleich verbittet, das christliche Fest zu propagandistischen und politischen Zwecken zu missbrauchen … das kann ein Maduro natürlich nur scharf kritisieren. Ein Schalk, der dabei denkt, dies könne auch nur irgendetwas damit zu tun haben, dass Venezuelas Bischöfe zuvor erklärt hatten, nicht Maduro, sondern González habe die Präsidentschaftswahl gewonnen. Als Super-Bigote ist ja er, Maduro, der „Retter“ und nicht „irgendein“ Jesus. Wichtiger als Papst Liberius, der das Fest im Jahre 354 nach Christus auf den 25. Dezember gelegt hat, ist Maduro allemal. Warum dann nicht einfach eine anderthalb Jahrtausend lange Kirchengeschichte entsorgen? Wer kann, der kann! Nimmt es da wunder, wenn sich Maduro selbst als gläubigen Katholiken bezeichnet hat? Dass er inzwischen auch seine Affinitäten für die Evangelikalen und die Santería auslebt, steht dem doch nicht entgegen! Im Gegenteil, das spricht eher für dem ihm ureigenen Pluralismus, oder etwa nicht? Nein, das ist selbstverständlich keine Häresie! Was aber werden nun die venezolanischen Katholiken tun, wenn sie sowohl gläubige Christen sind als auch Maduro gewählt haben? Folgen sie der christlichen Tradition und ihren Oberhirten, den Bischöfen, oder doch ihrem Präsidenten? Immerhin, so stöhnte ein gläubiger venezolanischer Zeitgenosse, werde angesichts des vorverlegten Weihnachtsfestes wenigstens schon jetzt der Müll entsorgt (Bildquelle: Quetzal-Redaktion, soleb).

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