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Friedensvertrag von El Salvador
(unterzeichnet in Chapultepec)

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Lesedauer: 6 Minuten

Die Regierung von El Salvador und die Nationale Befreiungsfront Farabundo Marti (im folgenden „die Partner“),

Bekräftigen die im Genfer Abkommen vom 4. April 1990 dargelegte Absicht, „den bewaffneten Konflikt so schnell wie möglich auf politischem Wege zu beenden, die Demokratisierung des Landes voranzutreiben, die unbegrenzte Achtung der Menschenrechte zu garantieren und die salvadorianische Gesellschaft wieder zu vereinigen“;

Vergegenwärtigen die Verträge von San Jose, Mexiko und New York vom 26. Juli 1990, vom 27. April 1991 und vom 25. September 1991, beziehungsweise die während des Verhandlungsprozesses unter der aktiven Beteiligung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und seines Repräsentanten erreichten Verträge, die mit dem heute unterschriebenen eine Einheit bilden;

Beendeten die Verhandlung über alle eigenständigen Themen der Tagesordnung von Caracas vom 21. Mai 1990 und der komprimierten Verhandlung von New York vom 25. September 1991;

Erreichten die Vereinigung der auf Fortsetzung zielenden politischen Verträge, deren Ausführung, gemeinsam mit der vorangegangener, bereits zitierter Verträge, den bewaffneten salvadorianischen Konflikt definitiv beenden könnte.

KAPITEL I. STREITKRÄFTE
DOKTRINÄRE PRINZIPIEN DER STREITKRÄFTE

Die Doktrin für die Streitkräfte, seit der im April 1991 beschlossenen Verfassungsreform durch das Gesetz bestimmt, begnügt sich mit den auf Fortsetzung zielenden Prinzipien, auf denen ihr institutionelles Regime und Bildungssystem in Zukunft ausschließlich basieren werden; und ihr Wirken wird sich auf die strikte Beachtung folgender Punkte beschränken:

A. Aufgabe der Streitkräfte sind die Souveränität des Staates und die Integrität des Territoriums, entsprechend der in der Verfassung und in den Gesetzen festgelegten Regierungsziele. Ihre Erfüllung ist unteilbar gebunden an demokratische Werte und die strikte Achtung der Verfassung in allen ihren Teilen.

B. Entsprechend der Festlegung in der Verfassung stehen die Streitkräfte ständig im Dienst der Nation. Sie sind gehorsam, eine Berufsarmee, unpolitisch und nicht beratend. Ihr institutionelles Regime und ihr Auftreten werden bestimmt von den Prinzipien des Rechtsstaates, durch den Vorrang der Würde des Menschen und der Respektierung seiner Rechte; der Respektierung der Verteidigung der Souveränität des salvadorianischen Volkes; der Auffassung von den Streitkräften als einer Institution ohne eigene politische und ideologische Ansichten oder jeglicher anderer Diskriminierung sowie der Unterordnung der militärischen Institutionen unter die Verfassungsgewalt.

C. Die Streitkräfte respektieren die durch den souveränen Willen des Volkes bestimmte politische Ordnung und jede politische und soziale Veränderung, die der genannte Wille in Übereinstimmung mit demokratischen, der Verfassung genügenden Verfahren hervorruft. Ihr institutionelles Regime und Wirken definieren sich in Zielen, die eine ständig harmonische Beziehung mit der zivilen Gesellschaft sowie die normale Entfaltung ihrer Mitglieder als Bestandteile dieser Gesellschaft sichern.

D. Als Institution des Staates haben die Streitkräfte einen instrumentalen, auf politischem Gebiet nicht bestimmenden Charakter. Folglich können nur der Präsident der Republik und die grundlegenden Regierungsorgane über die Streitkräfte verfugen, um die getroffenen Festlegungen in den entsprechenden, ihrer Kompetenz unterliegenden Verfassungsgebieten zu effektivieren und die Verfassung zu erfüllen.

E. Die Doktrin der Streitkräfte basiert auf der Unterscheidung zwischen Konzepten der Sicherheit und der nationalen Verteidigung. Die nationale Verteidigung hat zu Lasten der Streitkräfte das Ziel, die Souveränität und nationale Integrität gegenüber einer externen militärischen Bedrohung zu garantieren. Die Sicherheit, auch wenn der Begriff das beinhaltet, ist ein breites, auf der unbegrenzten Achtung der individuellen und sozialen Rechte der Person basierendes Konzept. Darin enthalten sind außerdem die nationale Verteidigung, ökonomische, politische und soziale Aspekte, die den Rahmen der Verfassungskompetenz der Streitkräfte übersteigen und deren Aufgaben in die Verantwortlichkeit anderer Bereiche der Gesellschaft und des Staates entfallen.

F. Die Bewahrung von innerem Frieden, Ruhe, Ordnung und öffentlicher Sicherheit liegt außerhalb der Grundaufgaben der Streitkräfte als einer für die nationale Verteidigung zuständigen Institution. In diesem Bereich ist der eventuelle Einsatz der Streitkräfte die absolute Ausnahme für den Fall, daß die dafür vorgesehenen Maßnahmen – im Wortlaut festgelegt durch die im April angenommene Verfassungsreform – erschöpft sind…

KAPITEL VI. POLITISCHE BETEILIGUNG DER FMLN

Es wurden die folgenden, auf die politische Beteiligung der FMLN bezogenen Vereinbarungen getroffen, die Gegenstand des in diesem Abkommen enthaltenen Durchführungskatalogs sind:

1. Annahme legislativer und anderer Maßnahmen, die notwendig waren, um den ehemaligen Kämpfern der FMLN die volle Ausführung ihrer politischen und zivilen Rechte in Bezug auf ihre völlig legale Wiedereingliederung in das zivile, politische und institutioneile Leben des Landes zu garantieren.

2. Freiheit für alle politischen Gefangenen.

3. Weitreichende Garantien und Sicherheit für die Rückkehr der des Landes Verwiesenen, Krüppel und weiterer Personen, die sich auf Grund von durch den bewaffneten Konflikt verursachten Motiven außerhalb des Landes befinden.

4. Genehmigung von Lizenzen für Medien der sozialen Kommunikation der FMLN.

5. Die Beendigung der bewaffneten Konfrontation impliziert die Verpflichtung und das Recht der FMLN auf volle politische Beteiligung ohne weitere Restriktionen als die des neuen institutionellen und juristischen Rahmens, aufgestellt durch die Verhandlungsverträge.

6. Legalisierung der FMLN als politische Partei durch Förderung der Annahme eines gesetzgebenden Erlasses mit diesem Ziel.

7. Garantierung des Raumes für eine normale Entwicklung der FMLN, wenn sie eine politische Partei wird, was impliziert:

a. Durchführung von Maßnahmen zur Mitgliederwerbung
b. Recht auf Schaffung einer geeigneten Infrastruktur (Lokale, Druckereien usw.) c. freie Ausübung des Versammlungsrechts und d. Publikationsfreiheit für Anzeigen in den Medien seitens der FMLN

8. Legale Lösung der Teilnahme der Mitglieder der FMLN in der COPAZ, sobald sie legal existiert.

9. Spezielle Sicherheitsmaßnahmen.

Unmittelbar nach der Unterzeichnung des vorliegenden Abkommens werden die geforderten speziellen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Führer der FMLN getroffen. Diese Maßnahmen, die die Begleitung durch diplomatisches Personal und die technische Unterstützung von befreundeten Regierungen beinhalten könnten, werden alle erforderlichen Erleichterungen bieten, damit die Führer der FMLN ihre eigene Sicherheit in Übereinstimmung mit dem Gesetz organisieren können. COPAZ beaufsichtigt das hier Vereinbarte und wird nötigenfalls die Annahme gesetzlicher und anderer Bestimmungen fördern, die für die volle Wirksamkeit und Untermauerung der genannten Sicherheitsmaßnahmen zulässig sind. In Übereinstimmung mit seiner Verantwortlichkeit für die Sicherheit der FMLN-Führer wird die Regierung El Salvadors die notwendigen Erleichterungen für die Erfüllung der Vereinbarung schaffen. Die ONUSAL wird die Verabschiedung der genannten Maßnahmen verifizieren.

SCHLUSSDEKLARATION

Die Partner drücken ihre feste Entschlossenheit aus, die im vorliegenden Vertrag und in den weiteren, im Verhandlungsprozeß getroffenen Vereinbarungen gewissenhaft zu respektieren und in Treu und Glauben auszuführen, entsprechend dem Wortlaut und den darin vorgegebenen Mechanismen wie dem, mit der ONUSAL – in ihrer Aufgabe, die Erfüllung solcher Abkommen zu verifizieren – zu kooperieren.

Die Regierung von El Salvador verpflichtet sich feierlich zur aktiven Förderung der Billigung der vereinbarten legislativen Reformen in angemessener Zeit, damit sie zum geplanten Zeitpunkt verkündet werden können.

Mexiko-Stadt, 16. Januar 1992

In Vertretung der Regierung von El Salvador

Dr. Oscar Alfredo SANTAMARIA
Cnel. Juan Martinez VARELA
Dr. David ESCOBAR GALINDO
Dr. Abelardo TORRES
Dr. Rafael Hernán CONTRERAS

der Front für Nationale Befreiung Farabundo Marti

Cmdte. Schafik HANDAL
Cmdte. Francisco JOVEL
Gral. Mauricio Ernesto VARGAS
Cmdte. Salvador SANCHEZ CEREN
Cmdte. Eduardo SANCHEZ
Cmdte. Joaquin VILLALOBOS
Salvador SAMAYOA
Ana Guadelupe MARTINEZ
Maria Marta VALLADARES
Roberto CANAS
Dagoberto GUTIERREZ
Boutros BOUTROS-GHALI
Generalsekretär der Vereinten Nationen

Übers.: Claudia Tast

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