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Die gegenwärtige Situation der salvadorianischen Linken und ihre Perspektiven

Jorge Arias Gómez* | | Artikel drucken
Lesedauer: 15 Minuten

Gegenwärtig gibt es in El Salvador neun legal anerkannte Parteien. [1] Unter ihnen ist die FMLN die einzige linke, ein Umstand, der ihr eine große und außerordentliche historische Verantwortung auferlegt, vor allem weil sie die erste Kraft unter den Oppositionsparteien ist. Entsprechend den jüngsten nationalen Meinungsumfragen vom Oktober/November 1995 [2] rangiert die FMLN an zweiter Stelle hinsichtlich der geäußerten Parteienpräferenz. Seit diesen Umfragen hat es bedeutende Ereignisse gegeben, die man beachten muß, will man eine präzise Vorstellung des politischen Lebens in El Salvador erhalten.

FMLN: von der Front der Parteien zur Front der Tendenzen

Als sich die FMLN auf der Grundlage des Friedens Vertrages von Chapultepec (1992) von einer politisch-militärischen zu einer politischen Organisation umgewandelt hatte, entstand organisch eine Kraft, die fünf Parteien umfaßte (1).

Wie bekannt ist, hatte die FMLN ihre erste Erfahrung einer Wahlteilnahme während der sogenannten Jahrhundertwahlen vom März 1994 gemacht, als drei Wahlen zusammenfielen: die Wahl des Präsidenten der Republik, die Wahlen der Abgeordneten der Legislative und die Wahl der 262 lokalen Verwaltungen. Schon während dieser Wahlen eröffneten innerhalb der FMLN sowohl der ERP als auch die RN einen „stillen“ Kampf mit ideologischem Charakter, der dazu tendierte, die revolutionäre Richtung durch pragmatische Positionen und eine prinzipienlose Kollaboration mit der ARENA und den herrschenden Sektoren der Oligarchie zu ersetzen. Dieser Kampf hat die FMLN paralysiert und ihr Image in der Öffentlichkeit beeinträchtigt, weil man nur noch von den ideologischen Abweichungen und opportunistischen Launen des ERP und der RN hörte.

Diese Situation war erst beendet, als sich beide Organisationen (ERP und RN) [3] endgültig und freiwillig von der FMLN trennten. Nach jenem Bruch konsolidierte sich innnerhalb der FMLN der Prozeß einer „organischen Überwindung“, der schon auf der II. Ordentlichen Nationalen Konvention (Dezember 1994) grob skizziert worden war. Dieser Prozeß hat die Transformation von einer Partei mit fünf verschiedenen Parteienstrukturen über eine Partei der Tendenzen bis hin zu einer vollständig vereinigten Partei zum Inhalt.

Am 16. und 17. Dezember 1995 fand dann die III. Nationale Konvention der FMLN statt. Zuvor hatten PCS, PRTC und FPL (in dieser Reihenfolge) auf ihren einzelnen Parteitagen ihre Parteistrukturen aufgelöst und deren Umwandlung in Tendenzen innerhalb der FMLN beschlossen.

Was aber bedeutet „Partei der Tendenzen“? Die Antwort auf diese Frage impliziert die Erklärung der Konzeption eines neuen Weges, der noch von keiner salvadorianischen politischen Partei je gegangen wurde.

Das Bestehen von Tendenzen (2) ist ein historischer Imperativ mit Übergangscharakter, denn die Auflösung der drei Parteien, die bis zuletzt die FMLN bildeten, reicht nicht aus. Es ist außerdem notwendig, daß die noch existierenden Parteiendifferenzen in einem Prozeß verschwinden, für den man keine zeitlichen Limits aufstellen kann. Die Anerkennung der Tendenzen entspricht dem pluralistischen und demokratischen Charakter der FMLN.

Besorgt könnte nun jemand fragen, ob nicht die Existenz von Tendenzen zu einer gewissen internen Anarchie in der Partei bis hin zu ihrer eigenen Zerstörung führen könnte. Dazu ist zu sagen, daß von der genannten III. Nationalen Konvention ein Reglement zur Funktionsweise der Tendenzen innerhalb der FMLN aufgestellt worden ist. Dort sind Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden, die einen Faktionalismus und die Selbstzerstörung der Partei verhindern. Als Beispiel wären die folgenden Regeln summarisch aufzuführen:

  • Jede Tendenz ist verpflichtet, die Einheit der politischen Linie und Aktion zu wahren.
  • Keine Tendenz darf sich das Recht anmaßen, gegen Entscheidungen ein Veto einzulegen, die auf demokratische Weise von der Parteiführung getroffen wurden, und keine Tendenz darf sich öffentlich dafür oder dagegen äußern.
  • Keine Tendenz hat das Recht, eine eigene organische Struktur zu besitzen, die auf irgendeiner Ebene zu einem parallelen Entscheidungszentrum werden könnte.
  • Was die Äußerung von eigenen Standpunkten betrifft, so sollten die Tendenzen dies vor der gesamten Mitgliedschaft tun und vermeiden, politische Meinungen als Gerücht zu verbreiten und die Spaltung der FMLN bzw. einen Mitgliederschwund zu befördern.

Von allen Erklärungen und Begründungen für die Existenz der Tendenzen besitzt das folgende Argument herausragende Bedeutung – die starke und entschiedene Sehnsucht, die FMLN zu demokratisieren. Eine gegenüber der FMLN zu Recht geäußerte Kritik bestand darin, daß bestimmte militaristische Gewohnheiten und Praktiken, die während des grausamen und langen Bürgerkrieges angenommen wurden und tief verwurzelt waren, nicht schnell genug überwunden wurden. Damit hängt zusammen, daß in der Führung beschlossene Vereinbarungen vertikalistisch und mit einem dezidierten militärischen Autoritarismus an die Basis weitergegeben wurden. Jedoch die ausgeprägte Politisierung vieler ihrer Führungskader hat zum Verständnis dafür geführt, daß diese Gewohnheiten und Praktiken über Bord geworfen werden müssen, um einen breiten Weg zu einem demokratischen Parteileben zu öffnen. Das alles läßt die Prognose zu, daß die Einheit der FMLN unumkehrbar ist und daß sich somit die Phase einer Partei von Tendenzen verkürzen könnte, und eine vollauf vereinte Partei in kürzest möglicher Zeit geschaffen werden kann.

Allianzen und Zerwürfnisse

Man kann nicht über die Situation der salvadorianischen Linken sprechen, ohne auf das Verhalten von ARENA, der Partei an der Macht, und der Parteien des Zentrums einzugehen.

Da war zunächst die Unterzeichnung des „Paktes von San Andres“ am 31. Mai 1995 durch ARENA und PD, dessen Untertitel „Entwicklung – der neue Name des Friedens“ lautete. Es war der PD, der diese Initiative, ARENA einen Pakt vorzuschlagen, lanciert hatte, und dies in einer Situation, als sich die Regierung Armando Calderón Sol in ernsten Schwierigkeiten befand. Diese bestanden darin, daß sie in der Legislative keine qualifizierte Mehrheit erreichen konnte, um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer (IVA) von 10 auf 15 Prozent durchzusetzen. Alle Abgeordneten der Opposition waren Gegner einer solchen Steuererhöhung. Es drohte eine Situation der Unregierbarkeit und Instabilität, die sich zu einer gewichtigen politischen Krise hätte entwickeln können.

Der PD, der sich gerade erst gebildet hatte und als Partei noch keinen legalen Status besaß, sah mit seinem angeborenen Pragmatismus, den er oft genug öffentlich gemacht hat, eine Gelegenheit, einige politische Vorteile erlangen zu können. Erstens wollte er dem oligarchischen System in El Salvador zeigen, daß er sich tatsächlich vollkommen von der FMLN distanziert und dies angesichts jener „verwandtschaftlichen“ Beziehung zum Radikalismus, die ihn (bzw. seine Glieder) in der Vergangenheit ausgezeichnet hatte.

Zweitens war ihm daran gelegen, sein Image zu verbessern, indem er sich die „Schminke“ des Moderaten auflegte, um als Mitglied der Sozialistischen Internationale anerkannt zu werden und von ihr für seine Politik finanzielle Unterstützung zu erhalten.

In aller Eile hatte der Führungskern des PD das Projekt eines Paktes erarbeitet, das den höchsten Führungskräften von ARENA vorgestellt wurde. Als das Dokument von beiden Seiten angenommen war, präsentierte Präsident Calderon Sol am 28. Mai in einer relativ überraschenden Form über Radio und Fernsehen einen sogenannten „Plan der Nation“. Mit dieser Präsentation ging die Einladung an alle politischen Parteien einher, den Pakt zu unterzeichnen, jedoch nicht zu diskutieren. Im wesentlichen wurde argumentiert, daß das Ziel des Planes sei, „noch stärker eine feste und dauerhafte Stabilität zu sichern“. Am 30. Mai, als die Medien gerade erst begonnen hatten, über die verschiedenen Meinungen zu diesem Plan breit zu informieren (die Opposition außerhalb des PD war einstimmig gegen das Projekt), wurde unter großer Öffentlichkeit verkündet, daß der Pakt am nächsten Tag von zwei Parteien unterzeichnet würde: von ARENA und PD.

Wenn im „Pakt von San Andres“ das Problem der Mehrwehrtsteuer mit keinem Wort Erwähnung fand, so macht dies deutlich, daß es hinter den Kulissen einen verdeckten Kompromiß mit dem PD gegeben haben muß, im Parlament dafür zu stimmen. Auf diese Weise wurde zum 8. Juni die Mehrwertsteuer auf 13 Prozent erhöht. Die Unterzeichnung des „Paktes von San Andres“ ließ die Euphorie und den Wortreichtum bestimmter Führungskräfte des PD geradezu überquellen: „Von jetzt an und in Zukunft muß die Regierung uns konsultieren“, sagte Eduardo Sancho (Ex-Kommandant Fermán Cienfuegos). „Wir haben uns entschieden, den Stier bei den Hörnern zu packen … wir können nicht mehr verantwortungslos handeln, und deshalb haben wir der Regierung den Vorschlag zu diesem Pakt unterbreitet… der Ball ist im Zentrum, und wenn der Rest der Parteien nicht mitspielt, bleibt er Zuschauer“, meinte Juan Ramon Medrano (Ex-Kommandant Balta). Hinter vorgehaltener Hand meinten Führungskräfte des PD, daß sich eine Ko-Regierung ARENA-PD ankündige oder der PD zumindest die Fähigkeit besitze, ein Schattenkabinett zu bilden.

Überspringen wir etwas Zeit und stellen wir uns vor, am 14.November 1995 in Paris zu sein. Zu diesem Zeitpunkt gab Präsident Calderon Sol anläßlich der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der UNESCO Erklärungen über Joaquin Villalobos ab, die würdig sind, wortgetreu widergegeben zu werden: „…es war Villalobos der mich aus der Bedrängnis herausholte, als er mit mir den Pakt von San Andres unterschrieb“.

Er fügte hinzu: „Durch die politische Unterstützung dieser Abgeordneten für die Position Villalobos‘ gelang es mir, das Gesetz über die neuen Steuern und mein Wirtschaftsprojekt voranzutreiben. Ich für meinen Teil habe ihm geholfen, indem ich ihm ein bißchen Respekt verschaffte und ihn vom Bildnis des Terroristen und Entführer befreite“.

Am 9. April 1996 erklärten Mitglieder des politischen Kommitees des PD vor der Presse, daß die Vertragsziele des Paktes von San Andres von der ARENA nicht erfüllt wurden; folglich seien die Beziehungen ARENA – PD damit beendet.

Was die FMLN betrifft, so hat es von ihrer Seite keine offiziele Erklärung zu diesem Bruch gegeben, und die Meinungen, die darüber von einigen ihrer Führungskräfte verbreitet wurden, widerspiegeln gegenüber dem PD weder Abneigung noch Animosität. Im Gegenteil, sie sind sehr vorsichtig.Ihre Meinung kann kurz zusammengefaßt werden: „Der Pakt von San Andres war eine Totgeburt“.

Das zweite wichtige politische Ereignis der erwähnten Periode war eine Bekanntmachung des PRSC, der CD und des MU [4] Mitte Dezember letzten Jahres, daß sie einen Integrationsprozeß eingeleitet haben. Nicht nur in der Legislative (wo sie eine Stimmenkoalition bilden), sondern im gesamtnationalen politischen Bereich wollen sie sich vereinigen.

In der Meinungsumfrage des IUDOP, die bereits erwähnt wurde, haben diese Parteien zusammengenommen – einschließlich des PDC -nur einen sehr geringen prozentualen Anteil erhalten. Es war dieser geringe Prozentsatz und das beharrliche Streben, sich sowohl von der Linken als auch von der Rechten zu distanzieren, was sie dazu bewegen hat, das politische Zentrum zu suchen, um zu einer Option für die Mittelschichten zu werden und die Stimmen der charismatischen katholischen Kirche, der Baptisten und anderer christlicher Sekten auf sich zu vereinen.

Im Unterschied zu den Wahlen von 1994, wo er im Bündnis mit der FMLN den Präsidentschaftskandidaten Rüben Zamora stellte, erklärt die CD heute sehr nachdrücklich, daß sie nicht bereit ist, diese Allianz zu wiederholen, „weil die FMLN eine Partei ist, die eine extreme Kraft im politischen Spektrum repräsentiert und der Schlüssel für das Wahlergebnis im Zentrum, in der Bildung eines Blockes ohne den FMLN, zu suchen ist“. Mit anderen Worten, obwohl die CD sich für sozialdemokratisch erklärt (um Vollmitglied der Sozialistischen Internationale zu werden), identifiziert sie sich mit den Christlich-Sozialen der PRSC und des MU. Das ist nicht erstaunlich, denn der politische Kern der CD-Führung um Zamora wie auch des PRSC entstammen einer Abspaltung vom PDC.

Angesichts dieser Situation behaupten Sprecher des PD, daß die politische Zukunft des Landes in den Händen der Gemäßigten liegt, und daß die Prinzipien der christlich-sozialen Parteien sich an die sozialdemokratische Ideologie annähern. Sie sprechen sich für den Aufbau eines großen Zentrums aus, das sich sowohl vom „linken Radikalismus der FMLN als auch von der ARENA“ unterscheidet. Doch es hat sich gezeigt, daß den Worten bisher wenig Taten gefolgt sind.

Der Plan der „Frente“

Am 15. April letzten Jahres veröffentlichte die FMLN ein ausführliches Dokument “ El Plan del Frente“ (3), dessen Ziel darin besteht, „eine produktive Wirtschaft unter Einschluß einer menschlichen Entwicklung zu erreichen“.

Dieser Plan, ein Vorschlag an alle nationalen Sektoren, ist eine ökonomische, soziale und politische Bewertung des heutigen El Salvadors, die die wesentlichen Welttendenzen und -cha-rakteristika berücksichtigt und zeigt, wie ein Land sein sollte, das tatsächlich Wohlstand, Freiheit und Glück des Volkes sucht.

Hier sollen nur die wichtigsten Punkte aufgeführt werden, die insgesamt ein Projekt der Nation darstellen.

  1. Der Plan ist ein realistischer, konstruktiver Vorschlag, welcher der Transition hin zur Demokratie entspricht, die El Salvador durchlebt. Er entspricht den politischen Gegebenheiten.
  2. Er ist eine ernsthafte Kritik am Neoliberalismus, der in den Wirtschaftsplänen der Regierung vorherrscht und die die Grundthese des Wohlfahrtsstaates wieder aufnimmt, der gegenwärtig demontiert werden soll.
  3. Im Plan wird dem Staat eine klare und aktive Rolle in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zuerkannt.
  4. Er geht von einer realistischen und konsequenten Position in bezug auf das Phänomen der Globalisierung und der Einbindung El Salvadors in diese aus. (4)

Perspektiven der FMLN

Am Anfang des Artikels wurde gesagt, daß die FMLN die einzige Partei im politischen Spektrum ist, die die linke Position besetzt. In den mehr als zwei Jahren, die seit den sogenannten „Jahrhundertwahlen“ vergangen sind, hat sie sich in ihrer Einstellung klar von den anderen Parteien unterschieden. Wenn man von den Perspektiven der Linken in El Salvador spricht, ist es deshalb legitim, den Bergriff „Linke“ synonym für „FMLN“ zu verwenden und umgekehrt. Gleichzeitig muß klargestellt werden, daß, wenn man von den Perspektiven spricht, die Hoffnungen der FMLN gemeint sind, die sie kurzfristig zu verwirklichen bestrebt ist.

Die III. Ordentliche Nationalkonvention definierte als strategische Aufgabe der Transitionsperiode die Vertiefung des Demokratisierungsprozesses in El Salvador.[5]

Für den Erfolg dieses Prozesses sei eine ökonomisch-soziale Reform entscheidend, die den Weg zu einem Modell der Entwicklung öffnet, das die Interessen aller nationalen Sektoren einschließt. Die Demokratisierung erfordert die Teilnahme der verschiedenen politischen, sozialen und ökonomischen Kräfte, weswegen die FMLN vorgeschlagen hat, eine bestimmte Rolle bei der Konzipierung eines nationalen Projektes zu spielen, das eine reale Machtoption darstellt.

„El Plan del Frente“ ist ein solches Projekt und damit Grundlage für die Strategie der FMLN in der gegenwärtigen politischen Praxis und für die mittelfristige Zukunft. Im Abschlußkommunique dieser III. Nationalen Konvention wurden beschlossen:

  1. zur Vertiefung des Demokratieprozesses beizutragen, der mit dem Friedens vertrag von Chapultepec eröffnet worden ist,
  2. als Opposition die parlamentarische Mehrheit zu gewinnen, indem die Partizipation der FMLN in der Legislative und den Munizipalräten in den kommenden Wahlen von 1997 verstärkt wird,
  3. ein großes nationales Bündnis aller politischen, sozialen und ökonomischen Kräfte zu bilden, um mit den Wahlen von 1999 die Regierung zu übernehmen,
  4. ein politisches Bündnis zwischen Demokraten und Sozialisten Lateinamerikas und der Karibik zu bilden, um alternative Projekte zum Neoliberalismus in Gang zu setzen.

Die FMLN schließt aus diesem großen nationalen Bündnis, das sie zu bilden beabsichtigt, keine politische Kraft aus, so klein sie auch sein mag.

Ein bekannter salvadorianischer Schriftsteller und Poet, Mitglied der Regierungsdelegation zu den Friedens Verhandlungen, hat kürzlich gesagt: ″Während der komplizierten Etappe der politischen Lösung des Krieges hat man mit Skepsis gekämpft; während der komplizierten Nachkriegsetappe mit Ernüchterung″.

Dies gibt die alltägliche politische Stimmung treffend wider. Die FMLN ist sich dieses sozialen Phänomens bewußt. Mit ihren Vorstellungen versucht sie jene ernüchterten und unzufriedenen Massen zu erreichen und sie davon zu überzeugen, der FMLN ihre Stimme zu geben.

Übersetzung: Heidrun Zinecker/Silvana Kürschner

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*Jorge Arias Gómez ist Doktor des Rechts und der Sozialwissenschaften. Er ist als Mitarbeiter am Institut für historische Studien der Nationalen Universität El Salvadors in San Salvador tätig und hat mehrere Bücher und Artikel zur salvadorianischen Geschichte verfaßt. Besonders sein mehrfach aufgelegtes Buch „Farabundo Marti. Esbozo biográfico“ hat weitreichende internationale Anerkennung gefunden. Arias Gómez gehört der Tendenz in der FMLN an, die ihre Wurzeln in der Kommunistischen Partei El Salvadors hat.

Bemerkungen:

(1) Parteien innerhalb der FMLN: die Partido Comunista de El Salvador (PCS), die Fuerzas Populares de Liberaciön (FPL), das Ejercito Revolucionario del Pueblo (ERP), die Resistencia Nacional (RN) und die Partido Revolucionario de los Trabajadores Centroamericanos (PRTC).

(2) Man kann die Tendenzen als permanente oder zeitweilige Gruppierungen bezeichnen, die sich auf der Grundlage einer generellen oder spezifischen Übereinstimmung im politisch-sozialen oder ideologischen (oder in beidem zugleich) Denken bilden. Eine solche Übereinstimmung besteht hinsichtlich der Charakterisierung der gegenwärtigen Revolutionsetappe, ihrer Richtung und Inhalte. Die so konstituierten Gruppierungen bemühen sich, ihre Überlegungen und politischen Ziele innerhalb der FMLN zu verfolgen.

(3) „El Plan Del Frente“
• nationale Entwicklung als Einheit von wirtschaftlicher Entwicklung und tiefgreifender Demokratisierung mit dem Hauptziel einer Humanisierung der Entwicklung
• Überwindung der Armut und der Marginalisierung der Frau sowie eine nachhaltige ökologische Entwicklung
• Anerkennung des Privateigentums und seiner sozialen Funktion; Staatseigentum muß im Dienste des Gemeinwohls stehen
• wirtschaftliche Freiheit, die hinsichtlich Effizienz, Entwicklung und sozialer Gleichheit reguliert wird
• authentischer, moderner Rechtsstaat
• makroökonomische Stabilität, die zur Investition nationaler und ausländischer Sektoren einlädt
• Herausführen des informellen Sektors aus seinem technologischen Rückstand und seiner finanziellen Marginalisierung durch die Hilfe des Staates
• der Staat als Verteidiger der Unabhängigkeit, des Nationalinteresses und als Organ der Umverteilung des Einkommens
• Globalisierung auf der Grundlage innerer Entwicklungen und der zentralamerikanischen Integration

(4) Bezüglich des 4. Punktes, sollte man hervorheben, daß die FMLN der Gastgeber des VI. Treffens des Forums Sao Paulo am 26., 27. und 28. Juli nächsten Jahres in San Salvador sein wird. Das zentrale Thema dieses Treffens ist: „Vorschläge der Linken Lateinamerikas und der Karibik zur sozialen Krise und dem Mißerfolg des Neoliberalismus auf dem Kontinent „.

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[1] ARENA (Alianza Republicana Nacionalista), FMLN (Frente „Farabundo Marti“ para la Liberación Nacional), PDC (Partido Democrata Cristiano), PCN (Partido de Conciliación Nacional) , CD (Convergencia Democratica), PLD (Partido Liberal Democrático), PD (Partido Democrata), MU (Movimiento de Unidad), PRSC (Partido Renovacion Social Cristiano).

[2] durchgeführt vom Instituto Universitario de Opinion Publica (IUDOP) und vom Centro de Investigacion de la Opinion Publica Salvadorena (CIOPS)

[3] Der ERP wandelte seinen Namen in Expresion Renovadora del Pueblo um und behielt also seine ursprünglichen Initialien bei. ERP und RN vereinigten sich, um den Partido Democrata (PD) zu gründen. Dieser erhielt am 31. Januar 1996 seinen legalen Status.

[4] Der PRSC- die jüngste Kreation, ist das Produkt einer Spaltung innerhalb des PDC – hat zusammen 8 Abgeordnete; und vom CD und MU jeweils ein Abgeordneter hinzukamen.

[5] Die Charakterisierung dieser Periode, war ein ideologischer Zündstoff, der zum Bruch der FMLN führte. Für den ERP und die RN ist die Transition demokratisch, weil in El Salvador die demokratische Revolution bereits beendet sei. Im Unterschied dazu ist für den PCS, den FPL und den PRTC die Periode, in der sie leben, die Transition zur Demokratie, und folglich muß die demokratische Revolution noch ganz beendet werden. Außerdem ist die Transition als Prozeß und nicht als ein festgelegtes Datum zu verstehen.

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