Bundesratspräsident Peter Müller empfing am 16. März 2009 eine bolivianische Delegation unter Führung des Präsidenten des bolivianischen Parlaments, Edmundo Novillo Aguilar. Der Besuch fand im Rahmen des Erfahrungsaustausches im Bereich „Dezentralisierung und Föderalismus“ statt. Alles normal und nichts Abwegiges, könnte man meinen. Unter den Teilnehmern befanden sich neben Novillo der Minister für Dezentralisierung und Autonomie Carlos Romero, die Senatoren Carlos Borth, Roberto Ruiz und Félix Rojas sowie die Abgeordneten Alejandro Colanzi, Cesar Navarro und Luis Revilla. Immer noch nichts Verdächtiges. Diese „Mannschaft“ aus Regierungs- und Oppositionspolitikern wird sich im Hinblick auf die anstehende Umsetzung verschiedener Autonomieformen in Bolivien über Kompetenzen und Zuständigkeiten im deutschen föderalen System informiert haben. Von Interesse sind vielmehr die zwei verbleibenden Delegationsteilnehmer: Rubén Costas und Mario Cossio, ihres Zeichens Präfekten der radikal-oppositionellen Tiefland-Departementes von Santa Cruz und Tarija. Es stellt sich die Frage, was die bisher vor allem durch ihre Blockade des neuen bolivianischen Weges aufgefallenen Oppositionspolitiker in Deutschland zu suchen hatten. Vor allem die Anwesenheit von Costas als ehemaligem Vorsitzenden von mehreren Organisationen, die unzweifelhaft die Interessen der Oligarchie repräsentieren, und Befürworter einer Autonomie, die als Bewahrung des äußerst ungleich verteilten, zum Teil brutal und illegal gewonnenen Reichtums gilt, ist mehr als fragwürdig. Sicherlich sind Costas und Cossio als Präfekten repräsentative Organe des bolivianischen Politik- und Verwaltungssystem, ihre Einladung wirft unseres Erachtens mal wieder kein gutes Licht auf die deutsche Außenpolitik. Laut el Potosí werden die kompletten Kosten der Delegation vom deutschen Steuerzahler übernommen, auch die von Costas und Cossio. Anscheinend war Costas aber auch noch in einer anderen Mission unterwegs. Vor der jährlichen Generalversammlung des Forum of Global Associations of Regions (FOGAR) in Florenz prangerte er die angebliche institutionelle Krise Boliviens sowie die Inhaftierung und wohl kaum zu verhindernde Verurteilung von Leopoldo Fernandez, dem Ex-Präfekten von Pando, und weiteren Oppositionspolitikern im Zusammenhang mit dem September-Massaker an. Diese betrachten sich paradoxerweise als politische Gefangene der Regierung. Proteste, verbunden mit der Ablehung der Anwesenheit von Anti-Demokraten wie Costas und Cossio, gab es durch die Coordinadora del Consejo Pro-Bolivia en Escandinavia. Auf welcher Ebene der Besuch von Costas in Europa und vor allem in der Bundesrepublik eingefädelt wurde, ist unklar, da Boliviens Innenminister Alfredo Rada den Aufenthalt als touristisch abqualifizierte.
Eine weitere Nachbetrachtung dazu gibt es bei amerika21.de im Artikel „Lob und Kritik nach Delegationsreise aus Bolivien„.