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Peru: Mitbegründer der Befreiungstheologie Gustavo Gutiérrez gestorben

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Lesedauer: 3 Minuten

Pablo Gutiérrez Merino, geboren am 8. Juni 1928 in Lima, verstarb am 22. Oktober 2024, ebenfalls in Lima. Zusammen mit Leonardo Boff (Brasilien), Hugo Assmann (Bolivien) und Juan Luis Segundo (Uruguay) gilt er als Begründer des theologischen Prinzips der „(vorrangigen Option) für die Armen“ und damit der „Theologie der Befreiung“, die er in seinem vor rund einem halben Jahrhundert (Ende 1971) erstmals erschienenen Buch „Theologie der Befreiung – Perspektiven“ mitbegründet hat. Die entsprechende Idee hatte er aber schon 1968 öffentlich gemacht. Letztlich war er mit ihr dem II. Vatikanischen Konzil (1962 – 1965) gefolgt, das von Papst Johannes XXIII. mit dem Auftrag der pastoralen und ökumenischen Erneuerung (Aggiornamento) eröffnet worden war. Gutiérrez‘ erste diesbezüglichen Gedanken sind in die Zweite Lateinamerikanische Bischofskonferenz in Medellín (1968) eingeflossen, für die er als theologischer Berater wirkte. Pablo Gutiérrez besaß indigene und spanische Wurzeln und saß als Kind aufgrund einer schweren Krankheit im Rollstuhl. Deshalb studierte er zunächst auch Medizin, entschied sich aber schließlich, neben Philosophie und Psychologie, für Theologie als Studienfach. Diese studierte er u. a. in Lyon (übrigens der Ort der von Jesuiten und Dominikanern entworfenen „nouvelle théologie“), in Löwen und Rom. Als Priester der Erzdiözese Lima wirkte er lange Zeit im Armenviertel Rimac und lebte auch dort. Er kannte also die dortigen Nöte und wandte sich explizit gegen die These, Gott selbst sei es, der Armut und Hunger zulasse und Menschen auf diese Weise dem vorzeitigen Tod aussetze. Gutiérrez lag vornehmlich daran, die Realität der Armen (als Opfer) im Sinne des Evangeliums zu deuten. Seine seelsorgerische Tätigkeit für sie war ihm wichtiger als sein intellektuelles Wirken, und Jesus als sein eigenes theologisches Werk. Sein Buch „Theologie der Befreiung“ nannte er schlicht „Liebesbriefe an Gott“. Neben Boff war er wohl derjenige Befreiungstheologe, der den „Mahnungen“, Vorladungen, ja der Verfolgung durch Kardinal Joseph Ratzinger, damals Präfekt der Glaubenskongregation des Heiligen Stuhles, am stärksten ausgesetzt war. Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., bezichtigte die Befreiungstheologie und eben auch und vor allem Gutíérrez der Affinität zum Marxismus. Gutiérrez selbst hat hingegen immer wieder betont, dass sein Ansatz auf der christlichen Botschaft und nicht auf einer Ideologie basiere. Ihm gehe es um Liebe und Solidarität und nicht um Macht, Gewalt (Revolution) und Rache. Die Lage spitzte sich für ihn insbesondere unter der Regierung von Alberto Fujimori und unter dem diesem hörigen Erzbischof Juan Luis Cipriani zu, sodass Gutiérrez damals den Entschluss fasste, in den Dominikanerorden einzutreten, nicht zuletzt weil er damit einen anderen Vorgesetzten bekam. Es war schließlich Papst Franziskus, der ihm gegenüber Zeichen der Wiedergutmachung gesetzt hat. In Deutschland erhielt der Befreiungstheologe Pablo Gutiérrez für sein Wirken die Ehrendoktorwürde der Universitäten Tübingen und Freiburg i.Br. (Bildquelle: Quetzal-Redaktion, soleb).

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