Also, die Ingredienzen sind schon mal gut: Leipzig, Lateinamerika, Mord. Mehr braucht es eigentlich nicht, das verspricht beste Krimikost. Das zdf hat es möglich gemacht: SOKO Leipzig goes to Brasil. Nun gut, das stimmt nicht ganz. Die Protagonisten der Serie haben sich dem Vernehmen nach schon in allen möglichen Ecken der Welt ermittelnd herumgetrieben – deutsche Kriminalisten sind ja berechtigt, überall zu arbeiten (oder etwa nicht?) – aber in Brasilien waren sie denn doch nicht wirklich. Aber Brasilianer kommen durchaus nach Leipzig, und das kann dann Ausgangspunkt für einen Krimi werden. Aber betrachten wir die Ingredienzen einfach der Reihe nach.
Ingredienz 1: Leipzig
SOKO Leipzig heißt SOKO Leipzig, weil es in Leipzig spielt. Und das entspricht nun einfach den Tatsachen. Man kann im Laufe des Films den Hauptbahnhof erkennen (also mehr die Einkaufsmeile), die Mädler-Passage, und wenn man richtig aufpasst, noch so manche andere Ecke von Klein-Paris. Dieser Wiedererkennungseffekt kann durchaus Freude auslösen, wenn man auf solcherart Freude steht. Davon aber einmal abgesehen, spielt SOKO Leipzig sonst wo, aber nicht in Leipzig. In Buxtehude vielleicht oder in Hamburg, oder meinetwegen auch in München. Nein, in München wohl nicht, das würde man an der Sprache merken.
Ich habe 45 Minuten lang genau aufgepasst, und ich habe keinen Leipziger gehört in diesem Film. Währglich nich. Wieso eigentlich dürfen Fernsehkommissare aus Köln, Hamburg, München (und was weiß ich woher) auch mit ihrer Sprache (und sei es nur ansatzweise) beweisen, dass sie aus Köln usw. sind, aber die aus Leipzig nicht? Sogar ein Brasilianer sagt in diesem Film – völlig fehlerfrei – Viertel vor eins. Gut, der Mann ist zugereist. Aber er hat in Leipzig Deutsch gelernt. Welcher Leipziger, ich betone Leipziger, sagt Viertel vor eins? Liebes zdf, habt ihr nicht wenigstens einen Autor, der weiß, wo‘s lang geht? In Leipzig heißt das: Dreiviertel eins. Diese SOKO Leipzig könnte überall spielen, am allerwenigsten aber in Leipzig. Weshalb der Film auch ziemlich steril wirkt, weitgehend farblos.
Ingredienz 2: Lateinamerika, oder genauer: Brasilien
In diesem Krimi geht es um Fußballer. Der, wenn auch tote, Held ist ein brasilianischer Fußballer. Brasilianischer Fußballer ist immer gut. Fußball können die ja, die Brasilianer. Außerdem sind brasilianische Fußballer in Leipzig wie die Körper in der klassischen Physik – sie verdrängen einander. Weil der eine Brasilianer (gut) spielt – also der Tote, muss der andere – der noch lebt – immer zugucken. Ich habe das jetzt nicht so richtig verstanden, aber ich bin auch nicht unbedingt Fußballkennerin. Auf jeden Fall macht diese Konstellation schon einmal ein gutes Motiv. Neid und Geldgier hätten auch mit deutschen Fußballern funktioniert, aber das ist ja noch nicht alles.
Brasilianer machen sich nämlich auch deshalb gut, weil die so abergläubisch und rückständig sind. Die haben da Voodoo und so‘n furchtbares Zeug in ihrem Land, an das sie auch noch glauben. Und sie glauben außerdem an Geistheiler, Wunderheiler – aber das ist ja eh alles eins. Jedenfalls vertraut unser (toter) Held der deutschen Medizin nicht (Doping im Sport! ohne geht’s nicht) und vertraut sich lieber einer Geistheilerin an. Ich bleibe jetzt bewusst im Präsenz, auch wenn der Held schon gar nicht mehr unter den Lebenden weilt; aber wir können das alles in Rückblenden live miterleben. Da wabert es dann ein bisschen über den Bildschirm, es gibt reichlich Blut (Operation auf dem Küchentisch!) und eine geheimnisvolle Kraft wirkt auch noch in der Operationsküche. Esoterik kann ja nie schaden im deutschen Fernsehen, es gibt schließlich Dinge zwischen Himmel und Erde, die die Schulmedizin wirklich nicht erklären kann. Die Schulmedizin kriegt dann auch noch einen richtigen Schlag versetzt, aber ich lasse es dabei bewenden. Die geheimnisvolle Kraft und der tote Arzt, welchselbiger der Heilerin die Hand führt, haben zwar nichts mit dem Fall zu tun, aber 45 Minuten wollen nun einmal gefüllt sein.
Ingredienz 3: Mord
Also, das ist ein Krimi, und bekanntlich bringen bei einem Krimi ja erst Leichen so richtig Leben in die Bude. Die Leiche heißt hier Ronaldo Castilho und ist ein brasilianischer Fußballprofi beim fiktiven Borussia Leipzig. Ihm wird erst ein Bein gebrochen und dann der Schädel eingeschlagen. Das ist nicht nett, so geht man nicht mit Gästen um, auch nicht mit Gastarbeitern. Aber Krimis sind bekanntlich nicht nett. Doch mit dem gebrochenen Bein und dem eingeschlagenen Schädel ist dieser Krimi bereits erledigt. Danach gibt es nur noch jede Menge Esoterik. Und es wird reichlich gemenschelt.
Also: Die Freundin des einen Kripobeamten verliert ihr Kind. Zum Glück ist sie die Tochter des Chefs, und so können sich die beiden Jungs mal richtig austauschen. Weil, die Frau vom Chef hatte auch Fehlgeburten, und vielleicht ist das Mädel ja deshalb… Und ein Polizeianwärter glaubt, er würde von der Vertretung (weiblich, jung; da sage ich nichts weiter dazu) beurteilt. Die schenkt ihm dann irgendwann ihr Notizbuch, von dem er glaubt, es enthalte Informationen über ihn. Tut es natürlich nicht. da sind nur die Notizen zum Fall drin, und er muss nun den Bericht schreiben – ist ja jetzt sein Buch. Das war ein echt guter Gag, unsere Polizisten sind schon lustige Leute.
Habe ich jetzt noch ein Problem vergessen? Ist wahrscheinlich auch egal. Auf jeden Fall bewegt sich der gesamte Film auf diesem Niveau. Und dabei ist er sorgsam bemüht, ja keine Spannung aufkommen zu lassen. Ich weiß nicht, wie die SOKO-Filme aus Leipzig sonst so sind, „Die Hand Gottes“ ist jedenfalls unterirdisch langweilig. Ja, der Film heißt wirklich so, Maradona lässt grüßen (aber der war doch gar kein Brasilianer, oder?). Wer schreibt nur solche Bücher?
In diesem Zusammenhang eine Frage an Andreas Schmidt-Schaller: Kostet es eigentlich viel Überwindung, Sätze aufzusagen wie Und dass es sein Gott ihm nicht erlaubt, seine Kinder und seine Frau im Stich zu lassen?
Wem das jetzt alles zu wirr und albern und unlogisch vorkommt, dem sei gesagt, dass ich dafür nichts kann. Ich habe lediglich versucht, den Inhalt dieses Films wiederzugeben. Ich habe ihn nicht gedreht.
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SOKO Leipzig. Die Hand Gottes. zdf, 19. Februar 2010.
Bildquelle: Screenshots von ZDF.
Hi :)
Erstmal ein Lob für die viele Mühe, die du dir gemacht hast, dass alles wiederzugeben!!
ABER als eingefleischter SoKo-Fan muss ich dir doch widersprechen…denn die Serie ist keineswegs farblos und langweilig!! Spannung kommt auch oft auf..das muss ich eigentlich nicht sagen.
Ich weiß nicht wie oft du SoKo leipzig schon gesehen hast..vermutlich nicht so oft, denn um ein extremes Beispiel für die „fehlende“ Spannung zu nennen: Mord am Telefon…und eigentlich auch jede andere Folge.
So, dass musste doch mal gesagt werden ;)
Und das „menscheln“ unter den Kommissaren finde ich sogar sehr gut!! Ohne das wäre es vielleicht wirklich etwas langweilig!!
In dem Sinne…ein schönes WE :-)
Und vielleicht magst du dir ja nochmal SoKo anschauen, wenn die neue Staffel beginnt ;) (Vermutlich im Herbst, im Moment laufen (wirklich gute) Wiederholungen ) :)