Wie eine Finca in Cauca versucht, die Biodiversität zu erhalten
Viele Länder in Südamerika sehen sich mit verschiedenen Umweltproblemen konfrontiert. Rohstoffe werden abgebaut, Flüsse und Seen verschmutzt, und die Wälder nach wie vor abgeholzt. Diese Aktivitäten beeinträchtigen das Leben der Menschen und der Tiere in großem Maße. Es gibt aber auch kleine Versuche, der zunehmenden Umweltzerstörung etwas entgegenzusetzen. Etwa auf der Finca la Alejandría im kolumbianischen Departament Valle del Cauca.
Das Department liegt im Südwesten des Landes. Es umfasst u.a. das subtropische Flusstal des Cauca, besitzt einen Zugang zur Pazifikküste mit der Hafenstadt Buena Ventura und höher gelegene Regionen. Die Departmenthauptstadt Cali und die Pazifikküste sind durch eine kurvenreiche Straße verbunden. Diese schlängelt sich aus der geschäftigen und lärmigen Millionenstadt zunächst einen Berg hinauf. Ungefähr am Kilometer 18 der Strecke befindet sich eine Finca mit dem Namen „La Alejandría“. Im angenehm warmen Nebelwald entstand vor mehr als zehn Jahren ein Vogelschutzgebiet. Bei einem Besuch sprachen wir mit Raúl Nieto, der die Finca zusammen mit seiner Partnerin betreibt.
„Wir sind hier Teil einer Zone, die AICA (area de importancia para la conservación de aves, Bedeutendes Schutzgebiet für Vögel) heißt. Für die Wasserversorgung der Stadt Cali ist sie besonders wichtig, weil hier der Aguacatal, einer von sieben Flüssen entspringt, die Cali mit Wasser versorgen.“
Nördlich der Finca beginnt ein feuchteres Gebiet mit mehr Niederschlägen, südlich eine trockenere Zone. „Der Sektor besitzt eine sehr hohe Diversität von Vögeln, insgesamt haben wir hier 328 Arten.“
In dieser für Biodiversität günstigen Region begannen sich Raúl Nieto und seine Partnerin vor zwölf Jahren mit dem Thema des Vogelschutzes zu beschäftigen. „Wir begannen aus persönlichem Interesse. Ein Jahr später kamen die ersten Leute. Sie machten Fotos, und nach und nach wurden wir bekannt“, meint Nieto, der gebürtige Argentinier. Aber wie errichtet man eigentlich eine Vogelschutzzone? „Als wir herkamen, gab es hier ein Haus, das seit 40 Jahren verlassen war. Ich begann aufzuräumen und stellte einige Blumenkübel vors Haus. Dann kamen die ersten Colibris“, erzählt Nieto. „Es war auch etwas Emotionales. Die Colibris ernähren sich von Blumen. Ich schnitt die Blumen und nahm ihnen damit die Nahrung weg.“ Gewissermaßen als Ausgleich stellte Nieto eine Flasche mit Zuckerwasser auf, um den Vögeln eine neue Nahrungsquelle zu bieten. „Nach einiger Zeit sammelten sich Colibris um die Flasche. Erst fünf, später mehr. Ich stellte eine zweite Flasche auf.“ Die zweite Nahrungsquelle lockte weitere Vögel an, bis Nietos Partnerin eines Morgens feststellte: „…Hier ist alles schwarz vor lauter Vögeln“, erinnert sich Raul Nieto.
Mittlerweile gibt es 65 Futterplätze für die Tiere. Das bedeutet auch eine organisatorische und finanzielle Umstellung: „Der tägliche Wasserverbrauch liegt bei 350 Litern und die Vögel bekommen etwa 380 Bananen am Tag. Darüber hinaus fressen sie 750 Kilo Zucker im Monat. Das macht die Finca la Alejandría sowohl im Bezug der Artenvielfalt, aber auch beim Verbrauch zu einem besonderen Ort.“
Die Finca hat sich in den letzten Jahren zu einem Touristenmagnet entwickelt. Mittlerweile gibt es Filme und Bücher über diesen Ort der Ruhe, der Kühle und Artenvielfalt, der so nah an der brodelnden Stadt Cali gelegen ist. Der Ruf spricht sich bei Vogelliebhabern und Touristen herum. „Wir hatten hier schon Besucher aus China, Südafrika und verschiedenen europäischen Ländern“, sagt Nieto.
Aber trotz der günstigen klimatischen Lage, der Biodiversität und der steigenden Touristenzahlen, darf nicht vergessen werden, dass die Finca sich über lange Zeit mitten in einer Konfliktzone befand. Bis vor Kurzem operierte im umliegenden Gebiet die Guerilla, verschiedene kriminelle Banden haben nach der Demobilisierung ihren Platz eingenommen. Sie kämpfen jetzt um die Kontrolle des strategischen Korridors zwischen der Stadt Cali und Buena Ventura, dem wichtigsten Hafen der Region. Dieser dient ihnen als Umschlagsplatz für Kokain.
„Vor 18 Jahren war dies hier ein Gebiet, das man in Kolumbien als rote Zone bezeichnet, also als Konfliktgebiet. Aber es ist besser geworden. Jetzt ist es eine touristische Zone. Die Leute fahren Fahrrad und gehen joggen. Ich kann um ein Uhr morgens die Tiere beobachten, hier ist es wirklich sicher“, berichtet Nieto.
Bleibt zu hoffen, dass die Oase der Vielfalt in der konfliktgeplagten Region, die auch nach dem Friedensabkommen mit der Guerilla keineswegs zur Ruhe gekommen ist, noch viele Nachahmer findet.
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Bildquelle: Quetzal-Redaktion, ssc