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Ölseifen: Eine Chance für saubere Flüsse

La Semana Sostenible | | Artikel drucken
Lesedauer: 5 Minuten

Seit zwei Jahren verwandelt ein ideenreiches Unternehmen im Bezirk Huila gebrauchtes Öl aus Restaurants und Haushalten in Hygieneprodukte. Es befindet sich bereits unter den besten 22 grünen Unternehmen in Kolumbien.

 

Ölrückstände vom Kochen wegzuschütten ist gang und gäbe nicht nur im Haushalt, sondern auch in den großen Restaurantketten. Nach dem Kochen werden die Töpfe voller Öl in den Geschirrspüler gesteckt. Oftmals ist es Bequemlichkeit, aber die große Mehrheit handelt so aus Unkenntnis. 

Wasser1_Bild_Quetzal-Redaktion_tejeDie Leute wissen nicht, was weiter mit dem Öl passiert und deshalb finden sie nichts dabei, Töpfe mit Ölresten im Ausguss zu leeren als wäre es Wasser. In Wahrheit landet dieses Öl fast immer in Flüssen, Schluchten, Wasserarmen oder Feuchtgebieten und tötet mit der Zeit die dortigen Ökosysteme. Ein Liter Öl kann 1000 Liter Wasser verseuchen. Nicht ohne Grund ist es einer der gefährlichsten Abfallprodukte für Gewässer. Das brachte die Umweltingenieurin Nany Marcela Lizcano aus Huila dazu, nach einer Lösung für dieses Problem zu suchen. Sie wollte ihrer Firma Amanita Servicios Ambientales einen Mehrwert verleihen.

Eine Umfrage zum Nutzen des Öl-Recyclings in zweihundert Haushalten in Una Neiva, Huila, ergab erdrückende Ergebnisse. Neunzig Prozent der Befragten schütten Ölreste in den Ausguss, sieben Prozent füllen es in eine Flasche, die anschließend entsorgt wird, zwei Prozent verbraucht das Öl vollständig in Lebensmitteln und die übrigen ein Prozent geben es an der zuständigen Recyclingstelle ab.

Seife und Hygieneartikel herzustellen machte den Unterschied dieses Unternehmens aus Huila aus. „Ich wollte mich auf diese Produkte konzentrieren, nachdem mir meine Mutter das überschüssige Öl in der Küche zeigte. Oft fragte sie mich, was ich als Umweltingenieurin damit machen würde“, erklärt Nany.

Amanita begann mit Proben aus Haushalten, ein Prozess zunächst mit Experimenten und Rückschlägen, später immer präziser bis hin zum minutiös ausgeklügelten Recyclingverfahren. Es wurden sowohl Formeln und Normen für industrielle Produkte aus gebrauchtem Öl aufgestellt, z.B. Waschmittel für Keramik, Kleidung und Shampoo für Haustiere, als auch für Kosmetika, die einzig aus nativen Ölen gefertigt werden.

Schritt für Schritt

Die Umwandlung der Ölrückstände beginnt mit einer morgendlichen Sammlung in Haushalten oder Restaurants. Letztere sind in der Lage zwanzig Liter Restöl täglich in Kanistern aufzuheben. Dann wird das Öl in ein Filterwerk gebracht, um die Flüssigkeit aufzubereiten und schließlich beginnt das Verarbeitungsverfahren des Produktes.

Amanita ist das erste Unternehmen in Neiva, dessen Geschäftsmodell auf der Sammlung von Ölresten zur Herstellung von Seifen basiert. Der Erfolg zeigt sich in der Produktion von zweihundert Seifen pro Tag, d.h. mehr als viertausend Stück monatlich. In zwei Jahren hat der Betrieb aus Huila Öl aus fast dreißig Restaurants und mehreren Haushalten in Neiva recycelt und so verhindert, dass mehr als fünftausend Liter Öl in den Magdalena-Fluss gelangten. Er betreibt ebenso Bildungsarbeit mit der Kampagne „Unser Fluss wird ölfrei”.

Geschäftspartner

Wasser2_Bild_Quetzal-Redaktion_solebiasattiDie Handelskammer Neiva und die Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB) haben das kolumbianische Unternehmen von Anfang an unterstützt. Mit Programmen wie Unternimm Was und Allianzen für Innovation wuchs der Betrieb Amanita im Laufe der Jahre durch die Beratung mit UnternehmerInnen aus verschiedenen Fachbereichen.

„Von Dezember bis Februar waren wir bei Allianzen für Innovation, ein Programm, das uns unglaublich geprägt hat. Wir sind sogar nach Honda gefahren zu einem UnternehmerInnentreffen und das hat uns die Augen geöffnet: Wir hatten sehr strenge BeraterInnen, die uns halfen, Amanita als internationale Firma aufzustellen, das hat uns nach vorn gebracht. Man wird die Veränderung merken”, schildert Unternehmerin Nany.

2019 befähigte die Handelskammer fünfhundertsechzig UnternehmerInnen in verschiedenen Betriebszweigen, führte zweihundert Unternehmensberatungen durch und stärkte mit dem Programm Unternimm Was achtundvierzig Firmen. Wir sind sehr stolz, dass uns ein Unternehmen aus unserer Region repräsentiert, das wir wachsen sahen und das sich durch die Handelskammer Neiva etabliert hat. Amanita zeigt, wie flexibel, engagiert und erfindungsreich unsere Unternehmer sind“, erläutert der Präsident der Handelskammer, Ariel Rincón Machado. 

Unter den Besten Kolumbiens

Climate Launch Pad ist eine der weltweit wichtigsten Wettbewerbe für klimabewusste Geschäftsideen. Das kolumbianische Pendant vereint die besten umweltversierten Unternehmen des Landes, mit sehr unterschiedlichen Ideen, aus verschiedenen Bezirken und Branchen, die trotz allem ein gemeinsames Ziel verfolgen: den Klimawandel zu entschärfen. Der Wettbewerb hat neun Themenbereiche: Landwirtschaft, Luftqualität, Umwelt, Biotechnologie, Kreislaufwirtschaft, Saubere Industrie, Bauwesen, Energie, Plattformen und Wasser. 2020 wurden der Ausschreibung 210 Geschäftsideen vorgelegt, und im Juni die landesweit besten zweiundzwanzig ausgewählt. Darunter fand sich auch Amanita in der Kategorie Saubere Industrie.

„Wir sind die Einzigen bei diesem Wettbewerb mit einer Initiative, die Abfall auf diese Weise von einem Produkt in ein Subprodukt umwandelt. Das letzte Jahr war sehr angenehm für Amanita, wir sind in jeder Hinsicht gewachsen. Das Thema Ölrückstände wird weiter an Bedeutung gewinnen und wir werden ein ganzes Netzwerk von Sammelstellen aufbauen“, stellte Nany fest.

Am 21. August wird sich Amanita vor VertreterInnen der Europäischen Union vorstellen, aus der sich die Jury für die einzelnen Kategorien zusammensetzt. Aus den Bewertungen gehen zwei FinalistInnen hervor, die erneut im September gegeneinander antreten, um den/die kolumbianische/n KandidatIn zu bestimmen, welche/r dann zum großen internationalen Finale nach Europa entsendet wird.

 

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Original-Beitrag aus La Semana sostenible vom 4.08.2020. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift.

Übersetzung aus dem Spanisch: Uta Hecker

Bildquelle: [1] Quetzal-Redaktion_teje; [2] Quetzal-Redaktion_solebiasatti

 

 

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