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Verstörend! Mord am Naturschützer Gonzalo Cardona

La Semana Sostenible | | Artikel drucken
Lesedauer: 4 Minuten

Cardona Molina, geboren in Roncesvalles, Tolima, arbeitete dreiundzwanzig Jahre lang für die Stiftung ProAves, wo er sich für den Schutz des vom Aussterben bedrohten kolumbianischen Gelbohrsittichs einsetzte. Auf nationaler und internationaler Ebene trauert die Welt der Artenvielfalt um den Verlust eines weiteren Umweltschützers aus ihren Reihen. Nachdem man ihn als vermisst gemeldet hatte, bestätigte die Stiftung ProAves die Ermordung von Gonzalo Cardona Molina. Als Koordinator des Reservats ProAves Loros Andinos hatte er den Gelbohrsittich (Ognorhynchus icterotis) geschützt. Dieser Vogel misst zweiundvierzig Zentimeter, hat gelbgrünes Gefieder, lebt in den kolumbianischen Anden und bewohnt zur Paarungszeit Wachspalmen.

Den Umweltschützer, der dreiundzwanzig Jahre lang um die Rettung des einheimischen Vogels kämpfte, sah man zuletzt am achten Januar im Bezirk La Unión, im Departamento del Valle del Cauca, auf dem Weg von Barragán nach Roncesvalles. Bis jetzt sind die Fakten noch unklar. Zur Zeit führen die Behörden entsprechende Ermittlungen zum Vorfall durch. Gonzalo Cardona Molina, besser bekannt als Gonza, wurde in das Leben als Landwirt in Roncesvalles, Tolima, hineingeboren und liebte die Wachspalmen in der Umgebung, den eiskalten, weinroten Fluss Cucuanita, die Wolken, die über seinem Feld dahinjagten und seine wunderbare Familie, die ihn bei der Arbeit begleitete. Er verrichtete gut gelaunt sein Tagewerk, mit seinem treuen Vierbeiner an der Seite.

Kolumbien_Gonzalo_Cardona_Molina_Foto_Obejara_CCDie Stiftung ProAves berichtet, dass er sich ohne Zögern völlig der Rettung dieser majestätischen, schillernden und fast ausgestorbenen kolumbianischen Vogelart verschrieb, als er davon erfuhr, wie dringlich der Gelbohrsittich geschützt werden musste, den er hin und wieder bei der Landarbeit gesehen hatte.

Zu jenem Zeitpunkt überlebten knapp einundachtzig Individuen in der Cordillera Central de Roncesvalles. Mehr als zwanzig Jahre hindurch begleitete Cardona diese Tiere unermüdlich, um abzusichern, dass sie nicht gejagt werden und ihr Habitat unversehrt bleibt. Er vollführte diese Tätigkeit auf charismatische Weise bei höchster Gefahr und Unsicherheit. Andauernde Schlachten und Gefechte zwischen Militärs und Guerilleros brachten ihn in lebensbedrohliche Situationen, aber das Wichtigste für ihn war die Sicherheit der Sittiche.

Die Bedrohung betraf nicht nur den Sittich, sondern auch Gonzalo. Laut ProAves wurde er des Öfteren von vielen Lagern angefeindet, denen seine Liebe zu dieser Tierart und sein politisches Desinteresse unbegreiflich war. „Die ewigen Gegner des Friedens nahmen an, dass andere Motive dahintersteckten, dabei wollte er schlicht und einfach eine Veränderung anstoßen“, erklärte die Stiftung in einer Mitteilung.

In seinen letzten Tagen, im Dezember, hatte es  es geschafft, die jüngste nationale Zählung des Gelbohrsittichs und der Chapmans Zwergamazone durchzuführen. Das Ergebnis erfüllte ihn mit Freude über die Früchte seiner Arbeit und die der anderen NaturschützerInnen: 2 895 Sittiche in Roncesvalles. 

„Kolumbien hat ein weiteres wertvolles Menschenleben verloren, Roncesvalles hat einen Umweltschützer verloren und seine Kinder, seine Familie, einen unglaublich geliebten Menschen. Unser Gelbohrsittich hat seinen Vater und Retter verloren”, verkündet ProAves in der Mitteilung. Die Stiftung hebt hervor, dass der Umweltschützer mit der ihm eigenen Freude und Spontanität über all die Jahre BesucherInnen im La-Yerbabuena-Moor begleitet hat, ein Ort, wo ProAves mit Hilfe von Schutzzonen starke Maßnahmen zum Artenerhalt vornimmt.

„Gonzalo hat uns immer mit seiner bedingungslosen Liebe zur Natur geprägt und uns gezeigt, dass man die Wertschätzung der Umwelt im Herzen tragen muss“, erklärt die Stiftung. Es hat ihn immer stolz gemacht, sagen zu können, dass er zu denen in Kolumbien zählt, die am meisten über diese Vogelart wissen. Außerdem war er ein Experte für die Wiederanpflanzung und Erhaltung der Wachspalme (Ceroxylon quindiuense), dem Wahrzeichen Kolumbiens“, so ProAves.

Das Instituto de Investigación de Recursos Biológicos Alexander von Humboldt verurteilte zutiefst die Ermordung des Vogelschützers und beklagte den Verlust aller UmweltaktivistInnen, die ihr Leben geopfert haben, um natürliche Ressourcen zu verteidigen. “Es ist ein Skandal, dass im zweitartenreichsten Land der Welt immer wieder bedeutende UmweltschützerInnen Opfer von Gewalt werden. Leute wie Gonzalo Cardona Molina haben nichts anderes getan, als unsere großartigen Schätze der Tier-und Pflanzenwelt zu schützen, zu pflegen und zu erhalten. Die Artenvielfalt Kolumbiens trauert”, sagte Hernando García Martínez, Generaldirektor des Humboldt-Instituts.

García rief dazu auf, die Attentate und Ermordungen an kolumbianischen UmweltschützerInnen zu stoppen: „Es handelt sich um Menschen, die eine lebensnotwendige und ehrenwerte Aufgabe vollbringen, nämlich die der Verteidigung unserer Naturressourcen. Sie setzen sich wegen bewaffneter Konflikte und Gewalt einem hohen Risiko aus. Der Verlust einer jeden Naturhüterin und eines jeden Naturhüters ist eine Grausamkeit, die aufhören muss”. Das Humboldt-Institut bekundete auch der Familie Gonzalos und der Stiftung ProAves seine Solidarität.

 

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Original-Beitrag aus La Semana Sostenible, 12.01.21. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift.

Übersetzung aus dem Spanisch: Uta Hecker

Bildquelle: [1] wiki_obejara_CC

 

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