Hay quien nace viejo y muere de lo mismo,
sin enterarse siquiera de su paso por la vida.
Hay quien nace y muere joven,
eternamente joven, renovador y creativo.
(Oswaldo Guayasamín: “El tiempo que me ha tocado vivir”)[1]
Ecuador ist so vielfältig, daß es schwer ist, bei der Durchdringung des Landes nicht vom Wege abzugleiten; eine Geschichte ergibt die nächste, ein Naturphänomen ein anderes, eine Erscheinung viele Mythen.
Aber am Anfang war der Meter. Klar, der kam erst nach den Chibchas, Bahías, Valdivías und Las Tolitas. Auch nach den Inkas und den Spaniern. Dennoch muß ausgerechnet der Meter als der Beginn Ecuadors angesehen werden. Die stolzen Ecuadorianer mögen nun einwenden: „Nein, der Anfang war die Unabhängigkeit von Spanien im Jahr 1822“. Oder vielleicht entgegen sie auch: „Der Anfang war das Ende von Simón Bolívar und der Zerfall der Republik Großkolumbien im Jahr 1830“.
Doch den Ursprung des Namens der dann neuen Republik Ecuador können diese historischen Ereignisse nicht erklären. Um dieser Erklärung auf die Spur zu kommen, ist es zunächst notwendig, sich von der Küsten- oder Oriente-Region hinauf in die Sierra zu begeben; der Humboldtstrom bleibt genauso zurück wie die Schildkröten und Darwinfinken der Galápagos, die Bananenplantagen und Mangrovensümpfe der Costa, die Edelhölzer des Amazonasbeckens; es geht hinaus aus dem Schmelztiegel der Afro-Ecuadorianer, Cayapa, Chachi, weg von den Shuar, Huaoroni und Amazonien-Quechuas.
Ziel sind die Vulkane der Cordillera, der Cotopaxi nahe der Hauptstadt Quito, und der höchste Berg Ecuadors, der Chimborazo (6267 m ü. NN). Dort findet man wahrscheinlich immer noch die hieleros vor, die Eis für den Markt in Riobamba abbauen – und seit dem Jahr 2000 gegen zerfledderte US-Dollar-Noten tauschen. Denn den Sucre gibt es nicht mehr. Im Zuge einer Banken- und Währungskrise hatte die Zentralbank die Kontrolle über alle geldpolitischen Größen verloren – und sah in der Dollarisierung den einzigen Ausweg. Für die Bevölkerung wurde nun die prinzipiellste Exit-Option die Flucht aus dem Land. Inzwischen gehen Schätzungen davon aus, daß knapp drei Millionen Ecuadorianer im Ausland leben, davon etwa 800.000 in Spanien. Und die verbliebenen knapp 14 Millionen sorgten mit ihren Protesten für die Absetzung von vier Präsidenten seit jenen Krisenjahren, wobei sich vor allem die Indígena-Organisationen Pachakutik und das Bündnis der indigenen Nationalitäten Ecuadors (Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador, CONAIE) als treibende Kräfte des zivilen Ungehorsams hervortun.
In der Heimat der Indígenas liegt nun also die Erklärung, was Ecuador mit dem Äquator und dem Meter verbindet und diesen wiederum mit den Indígenas. Denn die Geschichte der Republik Ecuador beginnt mit einem Irrtum. Als nämlich eine französisch-spanische Expedition zwischen 1735-1741 auf der Hochebene am Fuße von Chimborazo und Cotopaxi die Länge eines Breitengrades bestimmte und die „genaue“ Lage des Äquators vermaß, also des Breitengrades, der von beiden Polen „gleich“ weit entfernt ist, konnte erstmals der meridionale Krümmungsradius der Erde mit 6.336 Kilometern bestimmt werden. 1793 wurde dann der Meter als der vier mal zehnmillionste Teil der Entfernung vom Pol zum Äquator definiert, was nach heutigen Gesichtspunkten 0,995 Metern entspricht.
Das Problem war nur, daß sich die europäischen Wissenschaftler mit ihren vergleichsweise modernen Geräten in der Lage des Äquators irrten. Und dieser Irrtum wurde zu Starrsinn und Spiegelbild des Mestizo-Denkens: Denn anstatt die technologischen Fähigkeiten der Indígenas zu würdigen, die den Äquatorverlauf seit Jahrhunderten genau deuteten, wurde zu Ehren jener französisch-spanischen Expedition im Jahr 1982 das Monument La Mitad del Mundo (Die Mitte der Welt) errichtet – 200 Meter nördlich der Linie, die Ecuador seinen Namen gab.
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[1] Es gibt Leute, die werden alt geboren und sterben alt, ohne etwas von ihrem Lauf durch das Leben zu erfahren. Es gibt Leute, die werden jung geboren und sterben jung, ewig jugendlich, erneuernd und kreativ.
Bildquelle: Quetzal-Redaktion, ssc