Am 28. März verteidigte die indigene Bevölkerung des Nordwestens Argentiniens vor Gericht ihr Recht, bei einem Projekt zur Erforschung und zum Abbau von Lithium konsultiert zu werden. Lithium wird als das Mineral der Zukunft angesehen. Der Fundort befindet sich unter einem riesigen Salzsee.
Vertreter von 33 indigenen Gemeinschaften, die rund um die großen Salzwüsten (Salinas Grandes) leben, debattierten vor dem Obersten Gerichtshof. Die Salzwüsten erstrecken sich auf mehr als 17.000 km2 in den Provinzen Jujuy und Salta.
Seit zwei Jahren bitten 26 Gemeinden aus Jujuy und sieben aus Salta um Erklärungen seitens der Behörden bezüglich der Pläne zur Erforschung des Minerals. Lithium wird vom Bergbauministerium als die „Vedette“ der kommenden 50 Jahre bezeichnet.
Lithium ist ein wichtiger Bestandteil von aufladbaren Batterien für Laptops, Handys, Audio- und Videoanlagen und anderen technologischen Produkten, sowie für Elektroautos, die somit auf fossile Brennstoffe verzichten könnten, die bekannterweise zur globalen Klimaerwärmung beitragen.
Das Mineral ist in dieser weiten Region, die sich vom Süden Boliviens über den Nordwesten Argentiniens bis in den Norden Chiles erstreckt, äußerst reichlich vorhanden. Das US-amerikanische Forbes-Magazin nannte die Region bereits das Saudi-Arabien des Lithiums. Es wird geschätzt, dass sich dort bis zu 85 Prozent der weltweiten Vorkommen dieses Minerals befinden.
Die Salinas Grandes stellen ein zerbrechliches Ökosystem dar, das sich über die Wasserbecken der Guayatayoc-Lagune erstreckt. Außerdem sind sie der Lebensraum zahlreicher indigener Gemeinschaften, die vom Salz leben und das Gebiet als Territorium ihrer Ahnen ansehen.
2010 baten die Einheimischen der Region den Obersten Gerichtshof einzugreifen und ihr Recht auf vorherige, freie und informative Befragung zu verteidigen, das ihnen die nationale Verfassung Argentiniens und die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation zusichert.
Der Oberste Gerichtshof lud die Indigenen zu einer öffentlichen Anhörung in seinen Sitz nach Buenos Aires ein. Es kamen Vertreter und zahlreiche Mitglieder der Gemeinschaften, ihre Anwälte und der Staatsanwalt von Jujuy, Alberto Matuk.
Der Staatsanwalt versicherte, dass die Provinzregierung keinerlei Erlaubnis zur Erforschung oder den Abbau von Lithium im Gebiet der 33 Gemeinden erteilt habe, wohl aber zur Förderung von Borax, einem anderen Mineral, jedoch für ein Territorium, das von den Klägern nicht beansprucht werde.
Im Fall von Borax habe man sich mit der Gemeinde absprechen müssen, die in der Zone lebt, um die Ängste vor einem möglichen Umweltschaden auszuräumen. Hierfür habe man eine Umweltverträglichkeitsstudie vorgelegt, die von der Abbaufirma in Auftrag gegeben wurde, erklärte der Beamte.
Während der Befragung durch die Richter räumte Matuk ein, dass es Anfragen zum Abbau von Lithium gebe und dass die Regierung diese untersuche. Dennoch versicherte er, dass man sich vor einer Entscheidung mit den betroffenen Gemeinden beraten werde.
Jedoch gab Alicia Chalabe, eine der Anwälte der Gemeinden, vor Gericht an, dass es Firmen gebe, die auf ihren Internetseiten darüber informierten, dass sie bereits mit der Arbeit begonnen hätten und die dazu nötigen Genehmigungen der Provinzen besäßen.
Darüber hinaus bestätigte sie, dass sie nie eine schriftliche Antwort auf ihre Anfrage zu diesem Thema vom für Bergbauangelegenheiten zuständigen Provinzgericht bekommen habe. Das Gericht habe lediglich mündlich geantwortet und behauptet, es sei keine Genehmigung ausgestellt worden.
„Wir fordern die Umsetzung eines Konsultationsverfahrens, nicht durch die Firmen, wie es bisher der Fall ist, sondern durch den Staat. Und die Gemeinden sollen ihr Einverständnis zu den Projekten geben müssen“, erklärte Chalabe nach der Anhörung im Gespräch mit IPS.
Während ihrer Präsentation unterbrachen die Richter Chalabe, damit sie die Beanstandungen, die die Gemeinden fordern, konkret definiere. Denn bisher gebe es, laut der Provinzregierung, noch keine Firma, die im Besitz einer Genehmigung zum Abbau von Lithium sei.
„Fordern Sie, dass der Staat die indigene Bevölkerung um Erlaubnis bitten sollte und dass diese das Recht haben sollten, diese zu verweigern? Oder bitten Sie um die Miteinbeziehung und eine anschließende Entscheidung durch die Regierung?“, wollte der Präsident des Gerichts, Ricardo Lorenzetti, wissen.
Chalabe antwortete: „Wir bestehen darauf, dass ohne Einverständnis der 33 Gemeinden in diesem Gebiet weder geforscht noch abgebaut werden sollte“, selbst wenn es andere Gemeinden gebe, die zustimmten.
Im Namen der Kläger sprach Liborio Flores. „Wir stammen von einheimischen Völkern ab und haben eine kulturelle Identität, die uns das Leben in einer trockenen Region, abseits der Zivilisation, ohne ausreichende Dienstleistungen oder Kommunikation erleichtert“, stellte er fest.
Flores schilderte vor vier Justizbeamten, dass die Gemeinden in dieser Region Lamas und Schafe züchten, Kunsthandwerk herstellen und Wasser in den Gegenden mit Hügeln und Schluchten speichern, um die Gemüsefelder für ihre Subsistenz zu gießen.
Dennoch betonte Flores, dass die wirtschaftliche Haupttätigkeit, die auch die längste Tradition besitze, die Förderung von Salz sei. Unsere Großeltern schnitten bereits große Blöcke, luden sie auf Esel und reisten bis zu 30 Tage, um sie einzutauschen“, erinnert er sich.
Mit dem Lithiumboom, fügte er hinzu, kamen auch die Firmen. Sie bohren Löcher, verunreinigen den Salzsee, werfen Erdwälle auf und erzeugen Sickerwege, die mit Salz das Süßwasser der Grundwasserleitung, die unterhalb des Salzwerks liegt, kontaminieren.
„Wir wurden nie über die Projekte informiert, die durchgeführt wurden. Es gab einige Firmen, die einzelne Familien in die Pläne miteinbezogen und ihnen Arbeit anboten. Dies führte zu Spaltungen innerhalb unserer Gemeinschaft“, beklagte er sich.
Der Anführer der Indigenen sagte abschließend aus, dass sie ihre kulturelle Identität schützen wollen, aber dass sie hierfür ihr Territorium behalten müssten. Am Ende seiner Ausführungen sagte er IPS, dass er zufrieden sei, vom Tribunal angehört worden zu sein.
„Es war eine Möglichkeit, das auszudrücken, was wir fühlen, unsere Realität. Die Regierung von Jujuy sagt, dass sie keine Genehmigungen ausgestellt habe, aber die Anträge sind vorhanden und falls sie die Antwort aufschieben, dann weil wir uns organisieren“, meinte er.
Auch sagte er, dass er nicht wisse, warum der Oberste Gerichtshof nicht auch die Behörden von Salta vorgeladen habe. Diese seien ebenfalls verklagt worden und die Situation sei bereits heikler, da dort Genehmigungen ausgestellt worden waren und dies in Gegenden, wo Gemeinden leben.
In diesen Regionen gibt es laut der Anwältin mindestens 47 durchgeführte Bohrungen der Firma Orocobre für Lithium und Borax. Desweiteren kam es laut einer Studie, die im Auftrag indigener Organisationen durchgeführt worden war, bereits zu Kontaminierungen.
Der Bericht „Umweltbetrachtungen in Bezug auf die Aushebung tiefer Gruben zur Erkundung der Minerale und/oder Hydrogeologie in Salinas Grandes“ deutet an, dass die Bohrungen „ Auswirkungen und Risiken auf die überirdischen Salzvorkommen und die Grundwasserleitung haben“.
Nach seinem persönlichen Besuch der Salzwüsten wurde diese Studie vom UN-Sonderberichterstatter für indigene Völker, James Anaya, in seinem im Dezember gesendeten Bericht an das Gericht zur Unterstützung der Forderungen der 33 indigenen Gemeinden angeführt.
Original-Beitrag aus IPS Noticias vom 28.03.2012. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Nachrichtenagentur.
Übersetzung aus dem Spanischen: Cora Puk
Bildquelle: Quetzal-Redaktion, mg.