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Historietas – Comics aus Kuba

Nora Habundia | | Artikel drucken
Lesedauer: 4 Minuten
Historietas - Comics aus Kuba (324 Downloads )

Einer von Kubas bekanntesten Comics: Pucho y sus Perrerías von Virgilio Martínez - Comic: aus La JiribillaKinder auf der ganzen Welt lieben Comics – auch in Kuba. Die Geschichte der Historietas, wie die Comics in Kuba genannt werden, ist wechselvoll. Vor 1959 sind es vor allem nordamerikanische Comics, wie Superman, Batman, Donald Duck, die massenhaft verlegt und veröffentlicht werden. Die Strips erscheinen zumeist als Einseitenstorys in den Sonntagszeitungen. Sie sind spottbillig, leicht zu verstehen und werden gern gelesen.

Ein kubanischer Comiczeichner der ersten Stunde ist Virgilio Martínez, der während der Batista-Diktatur für das Untergrund-Magazin „Mella“ zeichnet. Gemeinsam mit dem Szenaristen Marcos Behemaras erfindet er die Figur des Hundes „Pucho“, der in „Pucho y sus Perrerias“ frech und komisch gegen das Regime Batistas rebelliert. Nicht ganz so erfolgreich wird Martínez’ spätere Karikatur des nordamerikanischen Comic-Helden Superman in dem Strip „“. Dennoch ist Martínez im Hinblick auf Ideenreichtum und künstlerische Umsetzung einer der Urväter der kubanischen Comic-Szene. Ebenso Santiago „Chago“ Armada Súarez, ein Mitglied der Bewegung M-26-7, der an der Seite von Fidel und Che in der Sierra Maestra kämpft. „Chago“ zeichnet zunächst für einige Magazine in Santiago de Cuba, später dann lange Jahre satirische Cartoons für die Granma. Sein Charakter „Julito 26“, den er 1958 erfindet, macht ihn in Kuba schnell berühmt.

Weniger bekannt ist Newton Estapé, ein Cartoonist aus Havanna, der zunächst auch für „Mella“ arbeitet. Zusammen mit Fidel Morales kreiert er in den 1970er-Jahren den Comicstrip „Túpac Amaru“. Dort beschreibt er kunstvoll den Kampf des letzten Inkakönigs gegen die spanischen Besatzer.

Mit Beginn der Alphabetisierungskampagne 1961 wird in Kuba vorranging belletristische, „schöne Literatur“ gedruckt. Das Magazin „Mella“ wird zu „El Pionero“, einer Zeitschrift der Pionierorganisation. Auch dort erscheinen Comicstrips, die begreiflicherweise eher pädagogische Inhalte vermitteln. Die 1960er-Jahre sind dennoch die Blütezeit des kubanischen Comics: Es gibt viele junge, kreative Zeichner, die Auftragslage ist gut. 1962 wird die nationale Druckerei gegründet. Der daran angeschlossene Jugendbuchverlag „Editorial Juvenil“ verlegt insbesondere Comics über die Revolution in Albenform oder Hefte über Persönlichkeiten der sozialistischen Welt. Ab 1965 publiziert die staatliche Verlagsgruppe „Ediciones en Colores“ monatliche Themenhefte („Aventuras“, „Muñequitos“, „Fantásticos“, „Din Don“). Diese Publikationen sind ausgesprochen comicorientiert, kosten zwischen 5 und 50 Centavos und sind stets rasch vergiffen. Nachdem die nationale Druckerei durch ein Feuer vernichtet wird, löst sich „Ediciones en Colores“ im Jahr 1967 auf.

Juan Padróns Comic-Held Elpidio Valdez - Comic: aus La JiribillaMit Beginn der 1970er-Jahre werden Comics seltener, sie verschwinden zunehmend vom Markt. Eine Ausnahme bildet Juan Padróns „Elpidio Valdés“. Der dürfte der wohl populärste Comic-Held Kubas sein, seine Abenteuer sind sowohl durch Zeitschriften als auch durch Trickfilme berühmt geworden. Auch der sympathische „MambiElpidio Valdés kämpft wie seine Vorgänger „Pucho“ und „Julito 26“ gegen die spanischen und amerikanischen Besatzer. Dabei geschehen ihm allerhand Dinge, über die Kinder und Erwachsene gleichsam lachen können. Zwar wiederholen sich die Stories und sind irgendwann nicht mehr überraschend, doch bleiben Elpidio und seine Kameraden stets sympathische Kerle, die für ihre Sache kämpfen. Ganz klar: Elpidio ist die sozialistische Antwort auf die Comic-Helden der westlichen Welt. Mitte der 80er-Jahre gründet sich der Verlag „Pablo de la Torriente“– die Publikationsbedingungen für Comics und Karikaturen verbessern sich. Zeitschriften wie „Cómicos“ und „Pablo“ sind schnell ausverkauft. Inhaltlich orientiert man sich am europäischen Markt.

Die Spezialperiode bringt ab 1990 radikal schlechtere Bedingungen – kein Druckpapier, keine finanziellen Mittel: keine Comics. Auch gegenwärtig ist die Situation für die Historietas schwierig. Die Druckindustrie muss Papier von Firmen beziehen, die nicht in den USA präsent sind, und das oft zu höheren Preisen. Von einem Comic-Markt, der dem europäischen vergleichbar wäre, kann keine Rede sein. Ausländische Comics, vor allem solche aus Nordamerika, werden jedoch durch den Tourismus auf die Insel gebracht und unter der Hand weitergegeben.

International hat man es heute nicht mehr nur mit den alten Mainstream-Kamellen wie Superman, Donald Duck, Spiderman usw. zu tun. Es gibt gerade in Nordamerika und Europa eine ausgesprochen künstlerisch orientierte Comic-Szene, die gegen die Konsumorientierung des Genres arbeitet und dessen herkömmliche Werte, marktorientierte Themen und Zeichenstile bewusst in Frage stellt.

Man darf hoffen und annehmen, dass mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation auch die Comicszene Kubas wieder in Schwung kommt. Ein Anknüpfen an die großen Anfänge mit Martinéz, „Chago“, Estapé aber auch Padrón ist möglich. Kuba verfügt über genug Potenzial an jungen und talentierten Künstlern.

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Bildquelle: aus La Jiribilla. Nutzungsrechte liegen der Redaktion vor.

Original-Beitrag aus: Cuba Sí Revista 02/2009, S. 2. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Autorin und der Zeitschrift.

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