Abschnitt in der Geschichte Brasiliens, der von grundlegenden Veränderungen des politischen Systems gekennzeichnet war. Der florierende Export in den Nachkriegsjahren des ersten Weltkrieges endete mit der Weltwirtschaftskrise 1929/30, als vor allem die Preise für Kaffee und Kautschuk ins Bodenlose fielen. Diese Situation machte sich eine Bewegung junger Offiziere mit sozialreformerischen Zielen („Tenentismo“) zunutze. Sie unterstützten 1930 die Revolution, die Getúlio Dornelles Vargas (1930-1945, 1951-1954), dem Mann aus Rio Grande do Sul, die Macht übertrug. Er errichtete eine autoritäre Herrschaft auf korporativer Basis mit erweiterten Präsidialvollmachten und einer eingeschränkten Autonomie der Bundesstaaten, die er über die Verfassungen von 1934 und 1937 zu einer persönlichen Diktatur ausbaute. In der Verfassung von 1937, einer Kombination aus der korporatistischen Portugals und der autoritären Polens, war in Artikel 180 das Führerprinzip festgelegt. Mit der Proklamation des „Estado Novo“ („Neuer Staat“) löste Vargas 1937 den Kongress auf und regierte bis 1945 per Dekret, da das Parlament in dieser Zeit nicht wieder zusammentrat. Weiterhin verbot er die Parteien, da sie für Vargas keine Ideologien, sondern nur Partikularinteressen verfolgten. Vargas setzte sich das Ziel, mit dem „Neuen Staat“ eine Epoche divergierender Kräfte, sich widersprechender politischer Tendenzen, untergründig schwelender Machtkämpfe ein Ende zu setzen. Das politische Erbe, welches er antrat, bestand aus einem gegeneinander autokratischer und demokratischer, ziviler und militärischer Positionen. Hauptziel in der Wirtschaft war der beschleunigte Ausbau der Industrie bei gleichzeitiger Förderung des Agrarexportes. Den Akzent setzte Vargas angesichts der reichen Bodenschätze auf den Aufbau einer Schwerindustrie, die mit Hilfe der USA während des Zweiten Weltkriegs entstand. Er beseitigte zwar den politischen Einfluss der Großgrundbesitzer und verbesserte durch Sozialreformen die Lage der unteren Schichten. Die gesellschaftliche Gliederung blieb aber trotz der Industrialisierung bestehen. Vargas begründete seine Autorität – im Gegensatz zum „Estado Novo“ des Salazar in Portugal, welcher seine Autorität durch Gott erhielt – durch das Volk. Politische Massenbewegungen, nicht politische Parteien garantierten ihm die Macht. Dieses Massenbewegungen und Organisationen waren die soziale Basis des Populismus im „Estado Novo“ in Brasilien unter Vargas. Träger dieses Populismus waren soziale Schichten, die durch die bestehende gesellschaftliche und politische Ordnung benachteiligt waren.