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Abkommen über Identität und Rechte der indigenen Völker

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Dieses zwischen guatemaltekischer Regierung und URNG ausgehandeltes Abkommen wurde am 31.3.1995 von beiden Seiten in Mexiko-Stadt unterzeichnet. Es ist das bisher letzte und wichtigste Abkommen das während der Friedensverhandlungen ausgehandelt wurde. Vier der sieben Abschnitte behandeln Grundfragen wie Identität (I.), Kampf gegen ethnische und rassische Diskriminierung (II.) insbesondere der Frauen (B), kulturelle Rechte (III.) sowie politische, soziale, ökonomische und Bürgerrechte (IV.). Die wichtigsten Festlegungen sind:

 

  • wird die Identität der Maya, Garífuna und Xinca als Völker (pueblo) innerhalb der Einheit der guatemaltekischen Nation anerkannt, wobei die Maya-Identität umfassend durch die Gemeinsamkeit von Herkunft, Sprache, Kosmovision, Kultur und Selbstbekenntnis definiert ist, die auch durch die soziokulturelle Pluralität der unterschiedlichen Maya-Ethnien (Quiche, Kaqchikel, Mam usw.) nicht in Frage gestellt;
  • werden ethnische und rassische Diskriminierung erstmals juristischer Tatbestand anerkannt und sollen als Delikt strafrechtlich verfolgt werden, was auch explizit für die Diskriminierung von Frauen gilt;
  • soll das Abkommen Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), in dem Grundrechte der indigenen Völker fixiert sind, ratifiziert werden;
  • wird die guatemaltekische Nation als nationale, multiethnische, plurikulturelle und mehrsprachige Einheit beschrieben;
  • wird zur äußerst strittigen Frage der Autonomie festgehalten, daß autonome comunidades auf Munizipalebene möglich sind und eine Regionalisierung (Dezentralisierung) angestrebt wird; ferner soll es eine Partizipation und Repräsentation der indigenen Völker auf allen administrativen Ebenen bis hin zur nationalen Ebene geben.

 

Um das Abkommen zu realisieren, bedarf es verfassungsrechtlicher Reformen und einer konkretisierenden Gesetzgebung. Bisher hat der Kongreß z.B. die seit 1989 anhängige Ratifizierung des ILO-Abkommens verweigert. Der Kompromißcharakter des Dokuments kommt darin zum Ausdruck, daß bestimmte Fragen ausgeklammert bleiben, die im ursprünglichen Entwurf der ASC bzw. der URNG noch enthalten waren. Dies betrifft die Notwendigkeit der Entmilitarisierung gerade der von den indigenen Völkern bewohnten Gebiete, den rassistischen und repressiven Charakter des guatemaltekischen Staates und die Forderung nach Autonomie über das Municipio hinaus. Insgesamt bietet das Abkommen einen ausreichenden Rahmen, der nach Meinung der indígenas selbst aber noch ausgefüllt und ausgedehnt werden muß. Seine konsequente Umsetzung wäre für die indigene Bevölkerung die tiefste Zäsur ihrer Geschichte seit der Eroberung vor 500 Jahren. Auch der guatemaltekische Staat müßte grundlegend verändert werden.