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Artikel

Zur gewaltsamen Räumung der Gemeinde Cho‘les de Tumbalá

Lesedauer: 6 Minuten

Bulletín 19, San Cristóbal de Las Casas, Chiapas, 11. August 2006:

Vertreibung, Verbrennen von Häuser und Eigentum in der Gemeinde Cho‘les de Tumbalá, in Anwesenheit und mit Genehmigung des Richters und der Bezirks- und Staatlichen Polizei Mitglieder des Menschenrechtszentrums Fray Bartolomé de Las Casa dokumentierten die mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen, die durch die gewaltsame Räumung der Gemeinde Cho‘les de Tumbalá, Autonomer Bezirk El Trabajo, am 3. August 2006 verursacht und öffentlich von der Junta der Guten Regierung „Nueva Semilla que va a Producir“ aus Roberto Barrios denunziert worden sind.

Das Personal dieses Zentrums konnte sich mit 53 Personen, die elf Familien bilden, in einer Gemeinde nahe Palenque unterhalten. Mindestens sechs weitere Familien befinden sich in anderen Vierteln von Palenque. Nach Aussagen der Betroffenen und derzeit vertriebenen Personen, trafen am 3. August 2006 gegen 11:40 Uhr in ihre Gemeinde ein: zehn Mannschaftswagen der Öffentlichen Sicherheitspolizei mit jeweils ca. 15 Beamten pro Fahrzeug; zwei Mannschaftswagen der Bezirkspolizei von Palenque mit jeweils zwölf Beamten; zwei Lieferwagen der Firma MAZU; zwei weiße Lieferwagen zu je drei Tonnen; zwei private Lieferwagen Marke Chevrolet; drei Traktoren, ein Wagen mit gespiegelten Fenstern. Die meisten Fahrzeuge hatten verdeckte Autokennzeichen oder trugen keine.

Nach Berichten der vertriebenen Familien war außer den Fahrzeugen und den bereits erwähnten Polizeibeamten auch der Richter des Gerichtsbezirks von Playas de Catazajá anwesend, sowie drei der vermeintlichen Eigentümer: Gilberto Cruz Sánchez, Eduardo Maitre Collado, Rafael Vázquez Chávez, die von ungefähr 20 Zivilarbeitern begleitet wurden. Dieser polizeilich-zivile Einsatz erfolgte vermutlich in Vollstreckung einer gerichtlichen Anordnung zur Rückgabe des Grundstücks „Chuyipa“ oder „5 de Mayo“ (Cho‘les de Tumbalá) an die vermeintlichen Eigentümer. Nach Angaben der vertriebenen Familien und von Mitgliedern der Central Unitaria de Trabajadores, die sich der Betroffenen angenommen haben, sind keine vorhergehenden Benachrichtigungen über die Vollstreckung des gerichtlichen Urteils zugestellt worden; dieses wurde einfach ohne Vorwarnung ausgeführt. Das besagte Grundstück unterliegt seit 1988 beim Sekretariat für Agrarreform einem laufenden landwirtschaftlichen Verfahrens als Neues Siedlungszentrum, da dieses Land als überschüssig eingestuft worden war.

Zum Zeitpunkt der Räumung informierte der Richter von Playas de Catazajá nach Aussagen einige der Frauen, dass sie „fünf Minuten Zeit hätten, um das Land zu räumen“. Die Frauen und die wenigen Männer, die sich zum Zeitpunkt des Einsatzes in der Gemeinde aufhielten, ersuchten um eine Frist von einigen Stunden, um ihr Eigentum in Sicherheit zu bringen, aber diese wurde ihnen nicht gewährt. Während die Polizeifahrzeuge sich auf der Straße verteilten, betraten etwa 20 zivile Arbeiter der vermeintlichen Besitzer das Grundstück und fingen an, einige Häuser mit Benzin zu überschütten, und andere Häuser mit Motorsägen und Traktoren einzureißen. Nach dem Bericht einer Frau: „ich befand mich in meinem Haus und versuchte, einige Sachen zusammenzupacken um wegzugehen, und sie fingen an das Haus mit Motorsägen zu demolieren und ringsherum mit Benzin zu überschütten.“

Der Lehrer der Gemeinde, der am Tag des Einsatzes anwesend war, wurde gefragt ob er gut Spanisch spreche. Er wurde aufgefordert, die Leute zu versammeln und ihnen zu sagen, dass sie fünf Minuten hätten, um das Grundstück zu räumen. Der Lehrer antwortete, er sei keine Autorität und könnte die Leute nicht zusammenrufen und ersuchte darum, den Familien wenigstens ein paar Stunden Zeit zu geben, um ihre Sachen hinausschaffen zu können. Er hatte dieses Gesuch an den Richter noch nicht zu Ende bringen können, als die Zerstörung des Eigentums der Familien bereits begann. Während dies geschah, standen der Richter und die Beamten der munizipalen und sektoralen Öffentlichen Sicherheitspolizei im Schatten und sahen nur zu.

Den Berichten der Kläger zufolge wurden bei diesem Einsatz ihre Kirche, das Gemeindehaus, die Schule und 35 Häuser zerstört. Einige der Arbeiter der Rancheros verschleppten Besitzgegenstände aus den Häusern und luden sie auf den Lieferwagen, zusammen mit den Nutztieren der Kläger. Auf die Frage, wohin ihr Eigentum gebracht werde, erhielten sie keine Antwort.

Am 7. August 2006 konnten Mitglieder dieses Zentrums vor Ort die Überreste der verbrannten und zerstörten Häuser entlang der Strasse sowie die Installation eines neuen Stacheldrahtzauns im besagten Gebiet.,die die Gemeinde Cho‘les de Tumbala durchquert, inspizieren.

Mit Bezug auf die willkürlichen Festnahmen und mutmaßliche Folter: Drei Männer, die sich in der Gemeinde aufhielten, näherten sich der Amtsperson (vermutlich dem Richter), um ihm zu sagen, dass sie sich auf zapatistischem Gebiet befänden, und er daher kein Recht hätte die Familien zu vertreiben. Dieser sagte ihnen, er würde nicht mit Vermummten sprechen und befahl sie festzunehmen. Sie wurden von mehreren Polizeibeamten in Gewahrsam genommen, die ihnen die Skimasken abnahmen und auf die Ladefläche eines Lieferwagens warfen, wo sie gezwungen wurden von 12:00 Uhr bis ungefähr 15:00 Uhr Mittags, ungeschützt vor der Sonne bäuchlings auf den Boden zu liegen. Während dieser Zeit verspotteten einige Polizisten die Verhafteten, drohten sie zu vergewaltigen und sie nach Playas de Catazajá zu bringen (vermutlich ins Gefängnis), und traten einem der Verhafteten in den Bauch.

Gegen 15:00 Uhr wurden die drei Verhafteten zur Polizeistation im Viertel „La Joya“ im Bezirk von Palenque gebracht, wo sie dazu verhört wurden, wer ihre Anführer seien, ob sie Autoritäten wären oder irgendeine andere Aufgabe hätten. Sie wurden ebenfalls gezwungen, ein Dokument zu unterzeichnen, laut dem angeblich „wir niemand wegen nichts denunzieren würden, dass sie kein Tränengas eingesetzt und niemanden verletzt hätten …“. Sie wurden gegen ca. 19:00 Uhr Abends wieder in die Freiheit entlassen.

Dieses Menschenrechtszentrum ist äußerst besorgt über die Tatsache, dass die gerichtlichen Behörden und die Angehörige der Polizei gemeinsam mit den vermeintlichen Besitzern des Grundstücks die Vernichtung des Eigentums und die Vertreibung der Familien der Gemeinde Cho‘les de Tumbalá zugelassen haben, obwohl es seit 1998 ein offenes landwirtschaftliches Verfahren gibt.

Wir fordern die zuständigen Behörden auf:

  • das Vorgehen und die Verantwortlichkeit des Richters des Gerichtsbezirks von Playas de Catazajá, der Beamten der Bezirkspolizei von Palenque und der Staatlichen Bereichspolizei zu untersuchen, die an diesem Einsatz beteiligt waren, und die Ausübung des Delikts der Beschädigung von Privateigentum nicht verhindert haben, sowie das Ausmaß ihrer Beteiligung an der Verletzung der Menschenrechte auf persönliche Freiheit, Integrität und Sicherheit durch die vermutliche Folterung und willkürliche Verhaftung dreier Personen, sowie durch die gewaltsame Vertreibung der Mitglieder der Gemeinde Cho‘les de Tumbalá.

  • die Verantwortlichkeit der Zivilisten zu untersuchen und festzustellen, die als Akteure der Zerstörung und Vertreibung der Familien der Gemeinde Cho‘les de Tumbalá beteiligt waren.

Übersetzung aus dem Spanischen: Gruppe B.A.S.T.A
Quelle: http://www.frayba.org.mx/

Zusätzliches Infomaterial:
Ley de Terrenos Baldíos, Nacionales y Demasías

Chiapas98 Mailingliste
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