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Verschwindenlassen

Christiane Schulz | | Artikel drucken
Lesedauer: 2 Minuten

Gewaltsames Verschwindenlassen zählt zu den gravierendsten Menschenrechtsverbrechen und wird gemäß dem 2002 in Kraft getretenen Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofes als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft. Das Römische Statut definiert als ‚„zwangsweises Verschwindenlassen von Personen“ die Festnahme, den Entzug der Freiheit oder die Entführung von Personen durch einen Staat oder eine politische Organisation oder mit Ermächtigung, Unterstützung oder Duldung des Staates oder der Organisation, gefolgt von der Weigerung, diese Freiheitsberaubung anzuerkennen oder Auskunft über das Schicksal oder den Verbleib dieser Personen zu erteilen, in der Absicht, sie für längere Zeit dem Schutz des Gesetzes zu entziehen.‘ (Vereinte Nationen: Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs A/CONF.183/9 vom 17. Juli 1998, Artikel 7, Absatz 2) i.) Dem Rom-Statut vorangehende internationale Menschenrechtsdokumente haben gewaltsames Verschwindenlassen ebenfalls als gravierendes Menschenrechtsverbrechen definiert, darunter die 1992 von den Vereinten Nationen verabschiedete Erklärung zum Schutz vor gewaltsamem Verschwindenlassen und die Interamerikanische Konvention gegen gewaltsames Verschwindenlassen von 1994.

Allein der staatlichen mexikanischen Menschenrechtskommission CNDH wurden zwischen 2006 und 2011 über 5.000 Fälle von Verschwindenlassen gemeldet. Die Dunkelziffer liegt weit höher, Recherchen der mexikanischen Tageszeitung La Jornada zufolge lag die Ziffer in den ersten vier Regierungsjahren von Präsident Calderón bereits bei 18.497 Betroffenen, wobei hier sowohl Fälle von Verschwindenlassen ebenso wie sogenannte „Express-Entführungen“ aufgeführt werden. Im März 2011 besuchte die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen gegen gewaltsames Verschwindenlassen Mexiko. Die Arbeitsgruppe empfiehlt der mexikanischen Regierung die Anerkennung der Problematik und eine Vielzahl von juristischen und politischen Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen und ihrer Familienangehörigen. (Informe del Grupo de Trabajo sobre las Desapariciones Forzadas o Involuntarias; Misión a México; 20 de diciembre 2011; A/HRC/19/58/Add.2) Am 10. Juni 2011 trat in Mexiko eine Verfassungsreform in Kraft, die internationale Menschenrechtsabkommen verfassungsrechtlich anerkennt. Außerdem werden derzeit Möglichkeiten diskutiert, ‚gewaltsames Verschwindenlassen‘ als Verbrechen in die Gesetzgebung aufzunehmen und strafrechtlich zu typifizieren.