Quetzal Vogel
News Icon
Quetzal

Politik und Kultur in Lateinamerika

Template: single_normal
Artikel

Plan Colombia

Florian Quitzsch | | Artikel drucken
Lesedauer: 5 Minuten
Plan Colombia (515 Downloads )

Der Plan Colombia wurde erstmalig Ende 1998 vom damaligen kolumbianischen Präsidenten Andrés Pastrana im Zusammenhang mit den von ihm initiierten Friedensgespräche mit den Guerillagruppen FARC und ELN vorgestellt. Um die Resultate des Friedensprozesses in konkrete Projekte umwandeln zu können, sollte das Programm als eine Art Marshallplan für Kolumbien dienen und dabei teilweise von der internationalen Gemeinschaft finanziert werden. Der Plan sah neben der Vernichtung von Koka-Feldern auch eine alternative ländliche Entwicklung in Zusammenarbeit mit den aufständischen Gruppen vor.

Die anfänglich geringe Präferenz für die Drogenbekämpfung änderte sich mit einem Sinneswandel in der US-Außenpolitik. Aufgrund verschiedener gewalttätiger Ereignisse wurde von einem Zerfall Kolumbiens ausgegangen und die Bekämpfung des Drogenanbaus in den Vordergrund gerückt. Der Schwerpunkt des nur ein Jahr später (1999) gemeinsam von den USA unter Präsident Clinton und Kolumbien entworfenen Planes lag auf vier Kernbereichen: der Überwindung des bewaffneten Konfliktes, der Drogenbekämpfung, der Stärkung und Unterstützung der kolumbianischen Wirtschaft sowie der sozialen Entwicklung und Stärkung der Institutionen. Im Rahmen des Anti-Drogen-Kampfes sah er vor allem die Zerstörung der Kokapflanzungen im Süden des Landes vor – eine der Haupteinnahmequellen der wichtigsten nichtstaatlichen Konfliktpartei, der FARC. Im geopolitischen Maßstab war der Plan jedoch Teil eines strategischen Sicherheitskonzeptes der USA für den Kontinent, welches unter anderem die Umwandlung der lateinamerikanischen Armeen zu reinen Polizeieinheiten, so genannten Komplementärkräften, vorsieht und praktisch die Aufgabe ihrer autonomen Rolle als nationale Streitkräfte bedeuteten würde.

Der Plan umfasste ein Finanzierungsvolumen von insgesamt 7,5 Mrd. US-Dollar und war über mehrere Jahre angelegt. Davon sollten 4 Mrd. aus Kolumbien selbst und 3,5 Mrd. von der internationalen Gemeinschaft kommen. Wegen der eher widerwilligen Unterstützung der anvisierten Geberländer (EU, Japan) wurde die Summe aber nicht erreicht. Ausländische Gelder kamen hauptsächlich von den USA, die zu 80 Prozent in Militär- und Polizeihilfe flossen. Durch die von den USA zwischen 2000 und 2005 im Rahmen des Planes bereitgestellten Mittel in Höhe von 2,8 Mrd. US-Dollar [1] stieg Kolumbien zum drittgrößten Empfänger von US-Militärhilfen weltweit auf. Die US-Leistungen beinhalteten die Lieferung von 60 Hubschraubern sowie die Einrichtung und das Training dreier spezieller Bataillone zur Drogenbekämpfung. Die maximale Anzahl des in Kolumbien stationierten militärischen und diplomatischen US-Personals wurde auf 800 Mann festgelegt.

2002 wurde der Plan Colombia durch die Bush-Administration als Andean Counterdrug Initiative (ACI) in die Andean Regional Initiative (ARI) eingebettet, die auch Hilfen für die Länder Peru, Bolivien, Ecuador, Brasilien, Panama, Venezuela umfasst. Im Rahmen der nach dem 11. September 2001 geänderten Sicherheitsstrategie der USA und ihrer Fokussierung auf die weltweite Terrorismus-Bekämpfung wurden nun sowohl die Guerilla (FARC, ELN etc.) wie auch die Paramilitärs (AUC) zu Terror-Organisationen erklärt. Der 2002 an die Macht gekommene Präsident Alvaro Uribe intensivierte denn auch unter dem Vorwand der Terrorismus- und Drogenbekämpfung – mit einer an die US-Sicherheitsstrategie angepassten kolumbianischen Variante – den Kampf gegen die linksgerichtete Guerilla und forcierte die Besprühung der Koka-Anpflanzungen, unter anderem mit dem Totalherbizid Roundup von Monsanto. Im Jahr 2004 erfolgte dann eine Aufstockung des in Kolumbien stationierten US-Personals auf 1.400 Personen, ein deutliches Zeichen für die Bedeutung des innerstaatlich, aber auch regional destabilisierend wirkenden Konfliktes für die USA.

Während Befürworter des Planes mit einer Stabilisierung der nationalen und regionalen Lage und einem Ende des kolumbianischen Konfliktes aufgrund der Vernichtung der Drogen als Haupteinnahmequelle argumentieren, kritisieren Gegner den hauptsächlich militärisch-repressiven Ansatz, der – im Gegensatz zur ursprünglichen Intention – keine ökonomischen Alternativen für die Koka-Bauern vorsieht. Auch das Argument der besseren Nutzung der Mittel für Programme zur Herabsetzung der Drogennachfrage in den USA, die Angst vor einer „Vietnamisierung“ des Konfliktes und die fehlende Legitimierung aufgrund der unterlassenen Einholung der Zustimmung lokaler Autoritäten spielen eine Rolle. Weitere Kritikpunkte sind durch Besprühungen hervorgerufene Umweltschäden und „Kollateralschäden“ an der Bevölkerung (genetische, pathologische Veränderungen; Schäden an den Lebensgrundlagen und Ressourcen von Indigenen, Bauern u.a. betroffenen Bevölkerungsgruppen).

Der Erfolg des Planes im Zuge des Anti-Drogen-Kampfes wird allgemein stark angezweifelt. Nach Angaben des US-Außenministeriums stiegen die nach 2001 bis 2003 stark reduzierten Anbauflächen von Koka wieder an und beliefen sich im Jahr 2006 auf 157.200 Hektar. Die Fläche hatte zur Gewinnung von geschätzten 130 metrischen Tonnen Kokain gedient. [2] Im Jahr 2000, dem ersten Jahr des Plans, sollen gerade einmal 69 metrische Tonnen Kokain in Kolumbien gewonnen worden sein. Das liegt zum einen daran, dass die Bauern immer resistentere Arten der Kokapflanze züchteten und zum anderen daran, dass eine Abnahme der Größe der Pflanzungen sowie die Verlagerung an immer unzugänglichere Orte zu beobachten war. Dadurch wurden die Besprühungen zunehmend schwieriger.

Die von den USA bereitgestellten Mittel wurden über das Jahr 2005, dem ursprünglichen Ende des Planes, hinaus verlängert und fließen auch weiterhin nach Kolumbien. Wenn dies auch ins Bild der verfolgten Sicherheitsstrategie der USA und ihrer Rolle als Hegemonialmacht in Lateinamerika passt, so erscheint die gleich gebliebene Verteilung der Finanzmittel in Anbetracht der in diesem Jahr (2008) fast eskalierten Andenkrise und dem ausbleibenden Erfolg in der Drogenbekämpfung mehr als fragwürdig. Die zunehmende Aufdeckung von etwa 100.000 Verbrechen, begangen von demobilisierten Paramilitärs und der Verbindung der politischen Klasse des Landes zu diesen Kräften, lassen ebenso eine Umverteilung der Gelder zugunsten der Stärkung des kolumbianischen Justizsystems notwendig erscheinen. [3]

Quellen: Kurz, M./W. Muno: Der Plan Colombia: Kolumbien im Visier des Krieges gegen den Terror der USA in Lateinamerika. Brennpunkt Lateinamerika, Hamburg, Nr. 03/2005. S. 25-36 sowie die in den Anmerkungen angegebenen Quellen.

[1] Insgesamt flossen in diesem Zeitraum 4,5 Mrd. USD aus den USA nach Kolumbien. Vgl. Veillette, C.: Plan Colombia: A Progress Report. CRS Report for Congress, 2006.
[2] U.S. Department of State: International Narcotics Control Strategy Reports. Vol. I, 2008.
[3] Sanchez, M.: Rethinking Plan Colombia. U.S. Aid Should Focus on Getting Justice Done. Siehe unter: <http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2007/03/15/AR2007031501555.html>